Paulinerkirche
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Paulinerkirche
Urkunde 1544
Chronik
Geschichte
vor 1836
1836 - 1899
1899 - 1968
1968
2009 -

Chronik

Chronologie der Universitätskirche St. Pauli (wird fortgesetzt)

1229 Dominikanermönche siedeln sich in Leipzig an. Ritter Heinrich von Wahren (Warin) schenkt dem Orden einen Bauplatz innerhalb der Stadtmauern in der Nähe des Grimmaischen Tores

1231 Baubeginn der Leipziger Paulinerkirche als Klosterkirche des Dominikanerkonventes (Bettelorden) zu Leipzig

11. Juli 1231 Gründungsurkunde des Klosters, ausgestellt durch den Markgraf Heinrich von Meißen

Markgraf Heinrich von Meißen genehmigt den Bau des Klosters aus Steinen und Ziegeln. Damit kann vermutet werden, dass die Ordensniederlassung als umfangreiche Klosteranlage geplant war. Der Bettelorden war auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen, die hierfür keine Bauleute zur Verfügung standen.

1240 Weihe der Paulinerkirche in Anwesenheit des Erzbischofs von Magdeburg und der Bischöfe von Meißen, Merseburg und Naumburg

Die Dominikaner errichten ihre Kirche im Gegensatz zu den damals herrschenden spätromanischen Raumformen über einem Grundriss, wie er allmählich ordensüblich zu werden beginnt: mit einem einschiffigem Chor und dreischiffigen Langhaus. Charakteristisch für die Raumtypenbildung der Bettelordensarchitektur im 13. Jahrhundert ist ihre Eigenständigkeit, die auf einer neuen religiösen Grundhaltung basiert: im Gegensatz zu älteren Mönchsorden emanzipieren sich die Bettelorden vom Lebensstil ihrer Umwelt und demonstrieren gesteigerte Bedürfnislosigkeit als eine mögliche Lebensform des geistig anspruchsvollen Menschen.

1393 Die Pflugk'sche Marienkapelle wird als Familienbegräbniskapelle an der äußeren Nordwand gebaut.

1409 Gründung der Universität Leipzig im Thomaskloster. Damit gewinnt der Dominikanerkonvent an Bedeutung.

Die Klosterkirche dient von der Gründung an bis ins frühe 19. Jahrhundert als bevorzugter Begräbnisort für die "Universitätsverwandten".

Der Begräbniskult an dieser Stätte zeugt von einem Repräsentationsbedürfnis, das in den Gedächtnismalen und Epitaphien einen künstlerischen Ausdruck von hohem universitäts- und geistesgeschichtlichen Rang fand.

1411 Der erste Universitäts-Rektor wird in der Paulinerkirche beigesetzt.

1445 Erstmalige urkundliche Erwähnung des Lettners der Paulinerkirche, der wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert entstand. Der Lettner trennt als architektonisches Raumglied den Chor als Sphäre des Sanktuariums vom Langhaus.

1485 Einwölbung des ursprünglich flach gedeckten Langhauses als Sterngewölbe

Erweiterung der Kirche nach Süden um den nördlichen Kreuzgangflügel und Errichtung der Kreuzgangempore

15. Jahrhundert Im Laufe des 15. Jahrhunderts werden an die äußere Nordwand der Kirche zu der bereits bestehenden "Marienkapelle" noch zwei Kapellen angebaut (Familie Haugwitz 1449 und Familie Leymbach 1484). Eine dritte Kapelle, die der Familie Thümmel gehörte, geht vermutlich ebenfalls auf diese Zeit zurück.

1495 bis 1501 Errichtung des Torhaus vom Klosters

1511 Das Kloster erbaut ein neues Bibliotheksgebäude.

Die Artistenfakultät steuert 20 Rheinische Gulden bei und erhält dafür offiziell das Recht, dass die Magistri der Universität die reichen Bestände der Klosterbibliothek nutzen dürfen.

1517-1521 Der einschiffige Chor aus dem 13. Jahrhundert wird abgetragen.

Johann Tetzel Johann Tetzel

7. August 1519 Ablassprediger Johann Tetzel stirbt und wird an der Paulinerkirche begraben.

Unter teilweiser Mitverwendung der Fundamente seiner Außenmauern wird eine dreischiffige, gewölbte Chorhalle mit einem Rautennetzgewölbe und einschiffigem, die Stadtbefestigung überbauendem Chorhaupt (5/8-Schluß) errichtet.

Die spätgotische Struktur des Innenraums dominiert.

Um 1530 Das innere Auseinanderbrechen der Ordensgemeinschaft der Dominikaner beginnt. Die Anzahl der Konventsmitglieder vermindert sich, nur noch wenige Dominikanermönche studieren an der Universität Leipzig. Der Dominikanerkonvent besitzt keine führende Stimme mehr bei konfessionellen Streitgesprächen.

1539 Durch die Ausbreitung der Reformation kommt es zur Auflösung des Dominikanerkonvents. Nach dreihundertjährigem Bestehen wird das Kloster säkularisiert.

Caspar Borner Caspar Borner

1543 Übereignung der gesamten Klosteranlage an die Universität Leipzig durch Initiative des ersten nachreformatorischen Rektors der Leipziger Universität, Caspar Borner.

Kurfürst Moritz von Sachsen Kurfürst Moritz von Sachsen

22. April 1544 Kurfürst Moritz von Sachsen (21.3.1521 - 11.7.1553) unterzeichnet die Schenkungsurkunde des Paulinums nebst Zubehör an die Universität

Im Zuge von Veränderungen im Kircheninnern wird insbesondere der Lettner entfernt.

Mit dem Klostergelände erhält die Universität innerhalb der Stadtmauern einen größeren, zusammenhängenden Gebäudekomplex, den sie für den Lehrbetrieb, aber auch für Wohn- und Wirtschaftszwecke nutzt.

Der Kirchenraum hat durch die reformationskirchliche Grundhaltung eine doppelte Funktion zu erfüllen: als Kirche (daher Ausstattung im Sinne der evangelischen Gottesdienstordnung) und als Aula.

Die drei Kapellen der Familien Haugwitz, Leymbach und Thümmel werden beim Klosterkirchenumbau abgerissen-

1544 Erweiterung der Kirche nach Süden um den nördlichen Kreuzgangflügel und Errichtung der Kreuzgangempore

Martin Luther Martin Luther

12. August 1545 Martin Luther weiht die Paulinerkirche als evangelischen Universitätskirche

1546 Das in die Stadtmauer ragende Chorhaupt des Mittelschiffes wird während der Erneuerung der Befestigungsanlagen der Stadt Leipzig abgebrochen. Die Universität wehrt sich gegen diese Verstümmelung der Universitätskirche, muss sich aber der Anordnung des Landesherren fügen.

Joachim Camerarius Joachim Camerarius

17.4.1574 Tod von Joachim Camerarius (geb. 12.4.1500) Weggefährte und Freund Borners.

1617 Universitätsrektor Leonhard Schwendendörfer lässt sich an der Nordwestecke der Universitätskirche eine Begräbniskapelle im Stil flämischer Renaissance erbauen.

Als Beispiel für den Zusammenklang von Architekturformen verschiedener Epochen wird dieses Ensemble oft als Bildmotiv genutzt und dadurch lebendig im Bewusstsein der Stadt bewahrt.

1679 2. November Orgel an der Westwand erstmalig erklungen

bis 1710 Joh. Kuhnau Universitätsorganist

1710 Einführung des "Academischen Gottesdienstes"

Im Zuge der dadurch angeregten Umgestaltung des Innenraumes der Kirche werden doppelgeschossige Emporen sowie Kapellen zu beiden Seiten des Triumphbogens für Rektor und die Dekane errichtet

1710-1712 Der Innenraum gewinnt eine barocke Axialität durch den neu gestalteten Eingangsbereich an der Westseite, bestehend aus neuen Portalen und einem Vestibül (bisheriger Hauptzugang im NW).

1710-1713 Joh. Adam Stolle Universitätsorganist

1713-1714 N. Pitzschel Universitätsorganist

1714-1716 Joh. Zetzsche Universitätsorganist

1716 4. November Umbau der Orgel nach Scheibe beendet

1716-1721 Joh. Gottl. Görner Universitätsorganist (an der Nikolaiorgel)

1721-1774 Johann Christoph Thiele Universitätsorganist

Johann Sebastian Bach Johann Sebastian Bach

1723-25 Johann Sebastian Bach Universitätsmusikdirektor

1723 9. August Feier des Geburtstages von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha

1724 27. April Bach ("Siehe,der Hüter Israels" vermutlich) Solenne Doktorpromotion der Theologischen Fakultät

1725 ? 3. August Bach ("Zerreißet, zersprenget, zertrümmert die Gruft") Namenstag des Prof. Aug. Friedr. Müller

1726 ? Bach ("Vereinte Zwietracht der wechselnden Saiten") - zur Rechtsprofessur von Dr. Gottlieb Kortte

Johann Christoph Gottsched Johann Christoph Gottsched

1727 17. Oktober , Bach ("Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl" Trauermotette für Chrisitiane Eberhardine, Trauer-Ode von Gottsched)

1728 8. September Trauerfeier zum Jahrestagdes Todes der Königin

1729 Bach Trauermotette für den älteren Ernesti

1730 12. Mai Feier des Geburtstges des Königs

1730 25.-27. Juni Drei Gottesdienste zur Feier der Augsburgischen Konfession

1731 6. Juni Feier des Geburtstages des Königs Christian VI. von Dänemark

1732 3. August Bach ("Es lebe der König, der Vater im Lande") Namenstag des Königs

1733 Bach ("Die Freude regt sich") Huldigung für Prof. Joh. Rivinus

1733 14. April Gedächtnisfeier für den am 1.2. gestorbenen König Friedrich August II

1733? 3. August Bach ("Frohes Volk, vergnügte Sachsen") Namenstag des Königs FriedrichAugust III.

1733? 5. September Bach ("Herkules auf dem Scheidewege") Geburtstag des Kurprinzen

1733? 8. Dezember Bach ("Tönet, ihr Pauken") Geburtstag der Königin

1734 Solenne Promotionen

1734 17. Januar Bach ("Blast Lermen, ihr Feinde") Feier der polnischen Königskrönung -Katharinenstraße, Ecke Böttchergasse am Zimmermannschen Coffehause

1734 19. Februar Feier der am 17.1. vollzogenen polnischen Königskrönung Friedr. Augusts III.

1735? 3. August Bach ("Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten" oder "Was mir behagt") zum Namenstag des Königs

1736 5. Oktober Feier des Jahrestags der Königskrönung

1738 Die mittelalterliche Kanzel wird durch eine neue ersetzt und der Chorraum durch hohe Trennwände neu gegliedert. Im neuen Altarraum werden Epitaphien aus dem 16. und 17. Jahrhundert aufgestellt.

Das Hauptportal bildet gleichsam den architektonischen Auftakt für den Einzugsweg bei akademischen Feiern.

Im von der Universität als "theatrum academium" umgestalteten Innenraum werden Gottesdienste und akademische Akte der Universität in repräsentativer Form vollzogen.

28. April 1738 Solenne Feier bei Anwesenheit der Majestäten gelegentl. der Vermählung der Prinzessin Amalia mit dem Könige beider Sizilien

1739 Solenne Promotionen

19. Oktober 1740 Bach Trauermotette für Graf Flemming

1741 Solenne Promotionen

1745 18. Oktober Trauerfeier für den verstorbenen Rektor Klausing

1746 Solenne Promotionen

1747 Feier zur Vermählung des Kurprinzen mit der bayrischen Prinzessin Maria Antonia Walpurgis

1749 Solenne Promotionen

1773-1800 Gottlieb Scheibler Universitätsorganist

Johann Adam Hiller Johann Adam Hiller

3. November 1786 Aufführung des Messias von Händel unter Hiller
Mai 1787 Wiederholung der Aufführung (ohne Auslassungen)

1785-1809 Director Chori Musici an der Universitätskirche Johann Georg Häser

Johann Gottfried Schicht Johann Gottfried Schicht

18. September 1800 Aufführung der Schöpfung von Haydn Wiederholung 14.10.

1800-18xx Joh. Gottfried Möller Universitätsorganist

1813 Während der Völkerschlacht von Leipzig dient die Kirche als Lazarett und Gefangenenlager und muss wegen Verwüstungen danach bis 1817 renoviert werden.

Wände und Pfeiler werden teilweise neu verputzt, das beschädigte Holzwerk der Empore repariert und das neue Gestühl in den Formen des Zeitgeschmackes hergestellt, aber in seiner barocken Anordnung belassen.

1830 Abbruch der noch bestehenden Klostergebäude an der Ost-Seite. Teile des Klosterkomplexes sind noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorhanden, so das Mittelpaulinum und das Beguinenhaus.

1831-1836 Die Verknüpfung von Universitätsinteressen mit den landesweiten Ehrungen für den verstorbenen König Friedrich August (1827) führen zum Abriss des hinteren Paulinergebäudes und zur Grundsteinlegung des "Augusteums", das vom damaligen Universitätsbaumeister Albert Geutebrück nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel erbaut wird.

Felix Mendelssohn Bartholdy Felix Mendelssohn Bartholdy

16. März 1837 Erstaufführung Felix Mendelssohn Bartholdy "Paulus"

1838 Dem Chorhaupt der Kirche wird eine gotisierende Fassade mit klassizistischer Tendenz nach einem Entwurf von Albert Geutebrück vorgeblendet.

1839 Neuer Platzraum im Osten des Leipziger Stadtgrundrisses wird städtebaulich organisiert und erstmals als "Augustusplatz" benannt.

1891-1897 Um- und Neubau des gesamten Universitätskomplexes zwischen Augustusplatz und Universitätsstraße durch Arwed Rossbach (Augusteum, Albertinum, Johanneum, Paulinum, Vorderpaulinum, Beguinenhaus) in Neorenaissance- und Neobarockformen bedingt die Notwendigkeit zur Fassadenanpassung der Paulinerkirche.

1897-1899 Geutebrücks Ostfassade der Universitätskirche wird abgebrochen.

An ihrer Stelle wird von Arwed Rossbach (Erbauer der Universitätsbibliothek und des Universitätshauptgebäudes) eine repräsentative Schauseite nach dem Vorbild der gotischen Domfassade von Orvieto errichtet, aus Cottaer und Postelwitzer Sandstein.

Ausstattung und Bemalung des Innenraumes im neugotischen Stil

1909 Die 500-Jahrfeier der Universität Leipzig mit umfangreichen Feierlichkeiten und Festgottesdiensten in der Universitätskirche

1932-1934 Vereinfachung der Rossbachschen Fassade (Entfernung der Giebelkrabben, Veränderung der Fialen)

1943 Das Inventar der Kirche wird wegen möglichen Bombenangriffen teilweise ausgelagert.

Nach 1945 Die im Krieg zerstörte Farbverglasung wird durch einfaches Glas ersetzt und das ausgelagerte Inventar größtenteils wieder hergestellt.

Ab 1952 Überlegungen zur "sozialistischen Umgestaltung“ des Augustusplatzes, der im Jahre 1953 als "Karl-Marx-Platz" umgenannt wird. Die Beseitigung der Kirche wird in zunehmend Erwägung gezogen.

1955 Gellerts Grab aus der kriegszerstörten Johanniskirche wird im Nordchor der Paulinerkirche untergebracht.

28. März 1968 Abschluss des Architekten-Wettbewerbs zur Neugestaltung des Universitätskomplexes am Karl-Marx-Platz, der zum politischen und kulturellen Zentrum der sozialistischen Großstadt werden soll. Nur in einem der fünf Entwürfe ist die Erhaltung der Paulinerkirche vorgesehen.

7./15. Mai 1968 Das SED-Politbüro in Berlin unter Vorsitz Walter Ulbrichts bestätigt den Bebauungsplan des Leipziger Karl-Marx-Platzes einschließlich der Liquidierung der Universitätskirche.

23.5.1968 Die Leipziger Stadtverordneten stimmen der Vernichtung der Kirche (mit nur einer Gegenstimme – einem Informellen Mitarbeiter der Stasi) zu.

30. Mai 1968 9.58 Uhr Sprengung der Paulinerkirche.