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Georg Dehio
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler
Die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig
Bearbeitet von der Arbeitsstelle für Kunstgeschichte
Akademie-Verlag Berlin 1965, S. 229-231
Pauliner-K. des 1229/31 gegr. Dominikaner-Klst., seit 1543 evangelische Universitätskirche. Gründungsbau um 1231 beg., gew. wohl 1240. Backsteinbau mit Hausteingliederung, 3sch. flachgedeckte (?) Halle von 7 Jochen mit Isch., vermutlich polyg. Chor; früher Typus der mitteldeutschen Bettelordenshallen, vgl. die Dominikaner-K. St.Katharinen in Halberstadt. 4 Kapt.-Fragmente vom Gründungsbau zeigen spätrom. Formen von 1230/40. - Nach 1485 teilweiser Umbau: Erweiterung der Halle nach S durch Errichtung der Empore über dem Kreuzgang, die als zweites Nebenschiff in den Raum einbezogen wird; Erhöhung der urspr. 8Eck-Pfll. und Einwölbung mit Rippensterngwbb. Anstelle des alten Chores 1519 - 21 die 3 sch. netz- und sterngwbt. Chorhalle von 3 Jochen errichtet, das polyg. (5/8) geschl. Chorhaupt über die Stadtmauer vorspringend, 1546 wieder abgebrochen und das Msch. des Chores wie die Sschiffe flach geschl. 1710 - 12 bar. Veränderungen, aus dieser Zeit das WPottal. 1897 - 99 durchgreifende Umgestaltung und Regotisierung unter Arwed Rossbach mit Errichtung der neugot. Chorfassade. - Altar, 1911/12 aus den Resten des spätgot. Schnitzaltars der K. neu zusammengefügt und ergänzt. Original sind Teile des Schreins, die vorzügliche Hauptfig. des Paulus und die Reliefs: Verkündigung, Geburt Christi, 12jähriger Jesus im Tempel und Marienkrönung, sowie in der Predella die Bekehrung des Paulus; das Schnitzwerk neuerdings mit Linhard Koenberg, dem Meister des Paulusaltars in der Predigerkirche zu Erfurt in Verbindung gebracht. Die Gemäldeflügel des urspr. Altars 1914 zu einem neuen Altar zusammengestellt, jetzt im n Chor-Ssch., innen 8 Passionsszenen, außen Enthauptung und Verehrung des Petrus Martyr (Heiliger des Dominikanerordens).
Kanzel, 1728 von Valentin Schwarzenberger, Holz, für die Zeit schlichtes, in den Einzelformen zurückhaltendes Werk. Holzstatue des Markgrafen Dietrich von Wettin ("Diezmann"), 1307 (1303?), im Stil Nachklang von Naumburg, in Haltung und Bewegung zierlicher und etwas manieriert, doch immer noch eine hochstehende Kunst.
Holzstatue des sitzenden "Dominicus", neuerdings mit ikonographischem Erweis als "lehrender" Thomas von Aquin bestimmt, um 1400, mit Resten von freigelegter originaler Fassung (Höhe 1,25 m); künstlerisch hochbedeutend, möglicherweise in Prag unter italienischem Einfluß entstandenes Bildwerk, das 1409 bei der Gründung der Leipziger Universität von den ausgewanderten Prager Universitätsmitgliedern nach Leipzig gebracht worden ist.
Sandsteinfig. des Apostels Paulus, urspr. über dem NPortal, E. 15.Jh. Lebensgroßer spätgot. Kruzifixus auf der Professorenempore (über dem Kreuzgang). Im n Chor-Ssch. Büste des Grafen E. Chr. v. Manteuffel, lebendige Arbeit, wohl von Johann Samuel Nahl d. Ä., um 1720. Gemälde: Von einem Altar stammt eine beidseitig bemalte Tafel, Verkündigung und Dominikus mit Maria Magdalena, hervorragende Arbeit des 14.Jh., Herkunft ungeklärt, vielleicht auch 1409 aus Böhmen nach Leipzig gekommen. Mehrere spätgot. Tafelbilder, Szenen der Weihnachtsgeschichte und weibliche Heilige, jetzt im Chor und auf der Professorenempore, urspr. zusammengehörig? Ölgemälde auf Holz von Lucas Cranach d. Ä., "Lasset die Kindlein zu mir kommen", dat. 1545 und sign. Ovales Ölbild auf Leinwand, Grablegung Christi, I.H. 17.Jh.
Zahlreiche Grabdenkmäler, vornehmlich der nachreformatorischen Zeit, die durch z.T. sehr gute Werke die Entwicklung der protestantischen Grabmalkunst vom 16. - 18.Jh. veranschaulichen (von der Reformation bis ins 18. Jh. war die K. Begräbnisstätte der "Universitätsanverwandten"). Noch aus dem 15.Jh. der Grabstein des N. Pflugk, 1482, im Kreuzgang, die beinahe vollplastische Fig. des Verstorbenen in voller Rüstung auf einem liegenden Hund stehend, seitlich auf ein großes Wappen gestützt; ähnlich der Grabstein des H. v. Harras in der Thomas-K. Grabplatte der Herzogin Elisabeth von Sachsen 1484, im Chor, die Fig. der Verstorbenen im flachen Relief, interessant durch die Technik der getriebenen Bronze.
Renss. Denkmäler. Im Chor: Bronze-Epit. des Chr. v. Kruschwitz 11549, keine Figg., nur Inschr., Wappen und knappes ornamentales Beiwerk in Renss.Formen mitteldeutscher Prägung der Zeit um 1550; Meistermonogramm NT, Gießer Johann Behem. In gleichartiger Behandlung die Bronze-Epitaphien des A. Moller und des J. v. Kneitlingen, um 1550. Epit. des Chr. Finolt 1582, mit Gemälde der Anbetung des Kindes in einfachem Renss.Rahmen. Im n Chor-Ssch.: Denkmal des C. Börner, des ersten Rektors der Universität nach der Reformation, 1547. Denkmal der Familie Lewe von 1548, Gemälde der Schule Cranachs nahestehend, bmkw. der reiche landschaftliche Hintergrund. Wandepit. des D. Eulenbeck 1587, wohl von Valentin Silbermann. Im s Chor-Ssch.: Grabplatte des D. Eulenbeck 1587, mit Wappen und Relief. Gruppe von mehreren Hängeepitaphien.
Bar.Denkmäler. Im Chor: Sandstein-Epit. des H. Höpffner 1642, möglicherweise von Georg Kriebel. Denkmal des B. Carpzow von 1653 mit manieristischer Architekturrahmung und Ohrmuschelornament, im Hauptfeld Gemälde mit Anbetung des Gekreuzigten durch die Stifter, im Beiwerk 3 gute Porträts. Denkmal der J. M. v. Heinsberg, 1673 vermutlich von Johann Jakob Löbelt, auch Johann Caspar Sandtmann zugeschrieben. Charakteristische Beispiele aufwandreicher Barockkunst die Steindenkmäler des J. J. Pantzer, wohl 1673 von Johann Caspar Sandtmann, und die Epitaphien Schwedendörffer von 1683 - 87 von J. J. Löbelt. Hervorzuheben auch das Epit. des H.Cronmeier 1683, mit figurenreicher Darstellung der Grablegung Christi, gerahmt von allegorischen Figg., aus schwarzem und weißem Marmor. Denkmal des M. Horn 1686, reiche fig. Arbeit vielleicht von Johann Caspar Sandtmann. Weitere Gedenktafeln in prächtigen Rahmen sowie mehrere Bildnisse bis ins 18.Jh., auch im n Chor-Ssch. - Von den zahlreichen Grabdenkmälern im Kreuzgang sind noch hervorzuheben die fig. Grabplatte des M. Hahn 1506 und 3 Grabplatten der Familie Maw 1616 - 20; Sandstein, Figg. in hohem Relief. Epit. des J. G. Höpner 1687, wohl von Johann Caspar Sandtmann.
Von den Klst.Gebäuden (Neubau wesentlich 1479 - 85, nach 1547 im Besitz der Universität) die letzten Reste 1893 abgetragen; spätgot. Wandmalereien aus dem Bibliotheksflügel in der Universitätsbibliothek geborgen. 1831 - 36 anstelle der Klst.Bauten entlang dem späteren Augustusplatz (Karl-Marx-Platz) das Augusteum von Albert Geutebrück nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erb. Erweiterter Neubau des Universitätshauptgebäudes mit Albertinum, Johanneum und Paulinum 1892 - 96 durch Arwed Rossbach, 1943 ausgebrannt und teilweise abgetragen. Albertinum und Johanneum whgest.; in der Wandelhalle 2 Fresken von Friedrich Preller d. J. erh. Das klass. Portal, nach Zeichnung Schinkels von Ernst Rietschel, jetzt an der SOEcke (Karl-Marx-Platz 5).
aus: Georg Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler
Die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig
Bearbeitet von der Arbeitsstelle für Kunstgeschichte
Akademie-Verlag Berlin 1965, S. 229-231
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