aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (2917)
geschrieben am 03. März 2004 01:18:51:
Pfusch auf Staatkosten
Wie bereits in meinen früheren Beiträgen (u.a. Fragen) beschrieben, ist es bisher schwierig gewesen, jemanden zu identifizieren, der sich für die Ausschreibung verantwortlich zeigt. Dies hat sich nun geändert.
"Wir sind der Auslober. Punkt." - läßt sich Herr Trommer am 25.02.2004 in der LVZ zitieren und erkennt damit öffentlich die Zuständigkeit und die damit verbundene Verantwortung und Amtshaftung an.
"Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Handlungsweise des Beamten bleibt der Rückgriff des Staates vorbehalten. Handelt der Beamte privatrechtlich, haftet der Beamte auch selber. Der Staat haftet in diesen Fällen u.a. dann, wenn der Dienstherr seine Sorgfaltspflicht bei Auswahl und Überwachung des Beamten außer acht gelassen hat oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde." (Zitat NRW. Bürgerservice
Bereits am 12.07.2001 habe ich an das Sächsische Staatsministerium der Finanzen Anregungen und Vorschläge zur Verbesserung geschickt, für die sich Herr Abteilungsleiter Reidner am 24.07.2001 (also vor gut zweieinhalb Jahren) bedankt. Er schreibt weiter:
"Das Wettbewerbsverfahren Augustusplatz Leipzig ist inzwischen ausgelobt. Die Unterlagen werden in Kürze an die Bewerber versandt. Insofern ist die Möglichkeit für eine weitere Option z.B. einer Internetpräsentation nicht mehr gegeben. Ausdrücklich weise ich auf die komplexen zeitlichen Zusammenhänge hin. Diese lassen keinen Aufschub mehr zu."
Der Auslober ist nicht nur für die professionelle Wettbewerbsausschreibung verantwortlich, sondern auch für die Einhaltung der Informations- und Sorgfaltspflicht. Vernachlässigt er diese fahrlässig, so kann ein Haftungsanspruch gegen ihn geltend gemacht werden.
Die Fehler und Kritikpunkte, die nach der Ausschreibung vom 22.08.2001 von Bürgern und Architekten vorgebracht wurden, hätten dazu führen müssen, diese zu beheben. Dies erfolgte jedoch nicht.
Aus diesem Grunde habe ich zu Fragen der ökonomischen Effizienz und der Projektaufbereitung am 02.11.2002 an den Sächsischen Staatsminister der Finanzen, Herrn Dr. Horst Metz, geschrieben.
Darauf erhielt ich am 12.11.2002 wieder einen Brief von Abteilungsleiter Reidner, der sich bedankt für "Ihr Interesse an der künftigen Bebauung der Universität Leipzig." Danach beharrt er unverändert in der Beibehaltung des gescheiterten Wettbewerbes mit der Formulierung: "Über die künftige Gestaltung der Universität ist öffentlich ausführlich diskutiert worden. Ich bitte nun, die Entscheidung des Preisgerichtes, darauf aufbauend die Entscheidung des Freistaates zu akzeptieren und den beginnenden qualifizierenden Planungsprozeß wohlwollend zu verfolgen."
Daß die Bürger die Ergebnisse des Wettbewerbes aufgrund der mangelhaften Wettbewerbsgrundlagen förmlich "in der Luft zerrissen haben", ignoriert Herrn Reidner gänzlich. Auf die Inhalte meines Schreibens ist er nicht weiter eingegangen, weder zu Fragen der ökonomischen Effizienz noch der Projektaufbereitung.
Und er endet mit folgenden Sätzen: "Ihr Vorschlag, ein Informationstreffen zu veranstalten und die neuen Technologien vorzustellen finde ich interessant. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass es im Rahmen der baulichen Betreuung durch das SHBA L [Staatshochbauamt Leipzig] kaum Möglichkeiten gibt, sich daran zu beteiligen. Vielleicht gelingt es in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig eine solche Veranstaltung zu organisieren."
Natürlich hatte ich Herr Prof. Bigl und Herr Gutjahr-Löser bestens informiert. Aber diese wollten ja nichts wissen. Aber das wird wohl dem Auslober bekannt gewesen sein. Schließlich hätte er ja jederzeit fehlendes Material nachfordern können.
Da die Universitätsleitung mit dem gegen mich verhängten Hausverbot per 06.03.2003 Ausgrenzung und Unterdrückung der Meinungsfreiheit der Sachdiskussion vorzog, schrieb ich am 02.06.2003 abermals hinsichtlich dieses Umstandes an den Sächsischen Staatsminister der Finanzen, Herrn Dr. Horst Metz. Am 26.06.2003 antwortete er mir u.a.: "Ich teile Ihre Auffassung, dass die historische Bedeutung des Augustusplatzes bei der geplanten Bebauung Berücksichtigung finden muss." Und weiter: "Vor diesem Hintergrund werden Ihre Anregungen und Vorschläge Berücksichtigung finden."
Da es mir aber um die Nutzung neuer Technologien geht inklusive Effizienz, Kostenersparnis und Transparenz und nicht nur um den Augustusplatz, sondern um das gesamte geschichtsträchtige Gelände ersten Ranges, bat ich am 30.06.2003 nochmals dringend unter der Überschrift "Generelle Lösungen zur Kostenersparnis", daß man sich hierzu im Sächsischen Finanzministerium der Finanzen informieren möge.
Am 11.07.2003 erhielt ich von Referatsleiter Döring die Mitteilung, daß zum 01.01.2003 der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) gegründet wurde, an den mein Schreiben weitergeleitet wurde.
Damit schließt sich der Kreis, und wir sind wieder beim Ausgangspunkt, Herrn Trommer. Leider verliert sich hier auch die Spur. Von ihm bekam ich nie eine Antwort. Auch auf meine Email vom 29.03.2003 reagierte man bei der SIB nicht.
Fassen wir zusammen: Die gesamte Wettbewerbsprozedur einschließlich seines derzeit vierten Erscheinungsform ermangelt notwendiger Grundlagen - einer seriösen Kultur-, Bau- und Geistesgeschichte und einer öffentlich zugänglichen Planung.
In über zweieinhalb Jahren haben es sächsische Staatsbeamte nicht fertiggebracht, sich zu informieren, obwohl sie sich scheinbar für Anregungen und Vorschläge interessieren.
Dieses unglaubwürdige Verhalten weist darauf hin, daß Beamte willkürlich handeln können, ohne daß auf Einwände, Beschwerden, Anregungen und Vorschläge von Bürgern und Architekten eingegangen wird. Obwohl der vorherige Wettbewerb bei den Bürgern abgelehnt wurde, man möchte fast sagen, durchgefallen war, wurde weiterhin auf dem Pfusch aufgebaut, angefangen bei der Wettbewerbsausschreibung. Schlimmer noch, es wird geradezu ein "Masterplan" vorgegaukelt, der den Ausdruck wahrlich nicht verdient.
Es sind somit Änderungen einzufordern - nicht nur im Wettbewerb, auch im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen.
PS: Falls sich unter den Lesern Rechtsanwälte befinden, die auf Verwaltungsrecht spezialisiert sind, bin ich gern bereit, alle Materialien zur Verfügung zu stellen.