aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (21091)
geschrieben am 07. Juli 2007 15:31:40:
Verbrechen an der Archäologie
Da der Skandal bereits international bekannt ist, werfen wir noch einmal einen Blick auf die derzeit symptomatische kulturbarbarische Haltung der Sächsischen Staatsregierung, wo mit Brachialgewalt Bodendenkmale zerstört werden. Prof. Milbradt braucht hierzu keine Verfassungsschutzakten, um vorsätzliche Gesetzesverstöße in seinem eigenen Verantwortungsbereich festzustellen.
Obgleich er informiert worden ist, halten die untragbaren Zustände weiter an. Hierzu eine aktuelle Aufnahme im Geländebereich der Universitätskirche St. Pauli
Foto: 7. Juli 2007
Um es einigen Forumsteilnehmern nochmals zu verdeutlichen - hier geht es nicht um "Hobbyarchäologie" oder "Vermutungen". Hier geht es um gesetzliche Vorgaben und um die Forderung, daß Seriösität in die Planung einkehrt. Grundlage für die Aussagen sind sowohl zahlreiche historische Stadtpläne als auch Stiche und andere Dokumente, die eigentlich hätten den Bodendenkmalpflegern bekannt sein müssen und die sicherheitshalber teilweise nochmals online gesetzt wurden.
Es kann nicht sein, daß eine über 800 Jahre alte Innenstadt, eine 700-jährige Kirche und eine bald 600 Jahre alte Universität Schaden nehmen müssen, nur weil hier seit einigen Jahren fragwürdige und intransparente Immobiliengeschäfte getätigt worden sind!
Der Schaden ist ein mehrfacher. Zum einen werden öffentliche Gelder für geschichtsfälschende Planungen mißbraucht. Dadurch werden stadt- und staatsschädigende Ergebnisse erzielt. Und der so erzeugte Murks (wie beim Leipziger Bildermuseum) frißt immer mehr Steuergelder, ohne daß dabei solide Leistungen erzielt werden, die auch nur annäherungsweise der vorhandenen Kultur- und Baugeschichte nahekommen.
Es ist also allerhöchste Zeit für unabhängige Prüfungen, Untersuchungen und strukturelle und personelle Konsequenzen!
Für die Archäologie bedeutet das eine mustergültige Untersuchung mit allen verfügbaren und zusätzlichen Mitteln und Kräften des Freistaates Sachsen in den nächsten Monaten (die Uni Leipzig bildet doch gleich um die Ecke an der Schillerstraße aus).
D.h. wer gesetzeswidrig Eisenträger in die Bodendenkmale rammt, wird auch dafür aufkommen müssen, daß diese wieder entfernt werden und die gesamten in Frage kommenden Grundstücksbereiche (Fürstenhaus, Mauricianum, Augusteum, Universitätskirche St. Pauli, ggf. weitere wie Café Felsche) akribisch und nicht nur bei drei Meter zur Grundstücksgrenze und bis zum beliebten Geschoß untersucht werden. Hier ist also nicht Aufscharren und Zuplanieren angesagt, sondern der Einsatz der besten Technik mit der größten Ausführlichkeit (also z.B. wie beim City-Tunnel am Wilhelm-Leuschner-Platz 3D-Scanns mit 2cm Punktabstand).
Hier nochmals angedeutet zum obigen Foto, daß es an der fraglichen Stelle zur Paulinerkirche keine andere Bebauung gab:
Das Stadtmodell um 1825, Nordseite der Universitätskirche St. Pauli
Grundriß der alten Bebauungsstruktur
Blick an der Seite Grimmaische Straße um 1720
Und an dieser Stelle nochmals der Blick zur Grimmaischen Straße
Grimmaische Straße Blickrichtung Markt um 1910
Linke Seite des Fürstenhauses mit Übergang zum Bornerianum
Und wegen diesem, von den Leipziger Bürgern bereits vor Jahren beim Wettbewerb einhellig abgelehnten, überdimensionierten Klotz des "Gasherd" erfolgten die eingangs zu sehenden Zerstörungen am Bodendenkmal Fürstenhaus.
Diese weitere Verschandelung der Leipziger Innenstadt möchten die Bürger sicherlich nicht.