aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (7015)
geschrieben am 25. Februar 2006 03:28:35:
Transparenz – 2.4.3 - "Einigungsgrundriß"
Im „Sonntag“ wurde der „Einigungsgrundriß“ abgebildet. Da wie gesagt seitens der Beratung vom 31.1.2006 keine seriösen Entscheidungsgrundlagen in Form von Modellen, Visualisierungen und anderen falsifizierbaren Dokumenten vorliegen, kann auch nur dieser ominöse Grundriß kommentiert werden.
Beim Grundriß kann von Authentizität keine Rede mehr sein. Abgebildet ist ein Schuhkastenformat, das nichts mehr mit der Universitätskirche St. Pauli gemein hat und in jedes x-beliebige Gewerbegebiet gesetzt werden könnte.
Die historische Fläche wurde gekürzt, so daß der Raum zusammenschrumpelt. Es gibt keinen einheitlichen Raum mehr, weil eine vermeintliche Glaswand als Raumteiler eingesetzt werden soll. Die verbleibenden Säulen stellen nur noch Staffage dar. Den Kreuzgang gibt es auch nicht mehr. Die kulturelle Aufwertung dieses historischen Bereiches erfährt es als Stuhllager und vermutlich als Treppen- und Liftbereich.
Wie wir gesehen haben, hatte die Aula historisch gesehen ihren Standort im Augusteum und auch andere Funktionen als die akademische Kirche. Dieses hier mutwillig zu vermanschen, stellt mehr als einen Etikettenschwindel dar. Es macht eher den Eindruck eines Rückfalls in ein schon längst sich als unbrauchbar erwiesenes, kulturbolschewistisches Mehrzweckhallendenken, wo je nach dem Gutdünken der Hausherren frei für alle Feiern mal ein Freßbankett, mal eine Modenschau, ein Konzert, ein Gottesdienst oder sonst eine beliebige Veranstaltung stattfindet – eben das, was Martin Luther als Mördergrube bezeichnete.
Die abgebildete Bestuhlung des Grundrisses kann beliebig eingesetzt werden. Ihr uniformer Charakter sowie die Anonymisierung des Raumes hat einiges mit den Plänen aus der Zeit des Nationalsozialismus von Lossow gemein, die allerdings nicht so schlimm waren wie der vorliegende Entwurf.
Nicht bedacht im Grundriß wurden der Altar, die Epitaphien im Nord- und Südchor, die Professorenempore. Die Aussage, daß im Altarbereich die Kunstwerke untergebracht werden können, zeugt vom Unverstand der Beteiligten.
Überhaupt fehlt neben dem bereits angedeuteten akustischen Desaster jeglicher Hinweis, wie die Geräuschlosigkeit mit den direkt anschließenden Aufzügen einschließlich der Nutzung in den fünf oder sechs Etagen über dem Raum und darunter funktionieren soll.
Nicht berücksichtigt wurden ebenso die Probleme der Verschattung, die insbesondere seitens der Nordbebauung genau hätten untersucht werden müssen. Gleiches gilt für den Lichteinfall im Ostchor, wenn dort die Kunstgüter zusammengepfercht werden sollten.
Insgesamt stellt der Grundriß ein Konglomerat dar, wo letztendlich Netzgewölbe und Kanzel nur noch der „kompromißbereiten Garnierung“ dienen. Es ist also ein Neubaugrundriß, der weder der Universitätskirche St. Pauli gerecht wird noch in seiner Geschichtsklitterung „bessere Lösungen“ bietet.
Die bereits im Volksmund kuriserenden Begriffe wie Etikettenschwindel, Ramschladen, Aquarium, Versatzstückkammer, Alibikasten, Turnhalle, Sprengeraula, Besenkammer oder Hundehüttenaula sind leider nicht die einzigen Kommentare. Und sicherlich werden sich diese mehren.
Die erste Frage, die mir jemand auf der Straße nach der Beratung vom 31.1.2006 stellte, war: „Welche Deppen haben denn da zusammengesessen, die das Geld des Freistaates Sachsen versaubeuteln?“