Nach dem Plenumsbeschluß der Hochschulrektoren vom 18. Februar 2003 HRK/5/2003

Zur Situation an der Universität Leipzig 2008

Dokumente

Auswertungen, Hintergründe und Erläuterungen

Gewidmet den über 60 Rektoren, die in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli über Jahrhunderte bis zum 24. Mai 1968 begraben waren.

Wieland Zumpe

Buß- und Bettag, Leipzig 2008

Willenserklärung des Akademischen Senats der Karl-Marx-Universität Leipzig

Leipzig, den 17. Mai 1968

Willenserklärung

Der Akademische Senat hat die Pläne und Modelle für die abschließende Gestaltung des Karl-Marx-Platzes als politisch-kulturelles Zentrum unserer Stadt zur Kenntnis genommen. Die Neugestaltung des Zentrums der Stadt Leipzig tritt jetzt in ihre entscheidende Phase.

Unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung ist es vorbehalten, den Platz entsprechend der Perspektive Leipzigs als eine moderne sozialistische Großstadt neu zu gestalten. Mit dem neu zu schaffenden zentralen Komplex der Karl-Marx-Universität im Herzen Leipzigs, an dem Platz, der den Namen von Karl Marx, des größten deutschen Wissenschaftlers und Revolutionärs, trägt, wird eine Stätte der Lehre, der Aus- und Weiterbildung und der Forschung, ein Zentrum der Wissenschaften, des Zusammenwirkens von Theorie und Praxis errichtet und damit dem Grundanliegen der Hochschulreform Rechnung getragen.

Ein zentrales Ensemble der Karl-Marx-Universität wird entstehen, das neben dem Hauptgebäude mit modernsten Ausbildungseinrichtungen ein Universitätshochhaus mit einer Höhe von 140 m sowie im Grüngürtel an der Südseite des Karl-Marx-Platzes ein Auditorium maximum einschließlich Mensaeinrichtungen umfassen wird. Damit wird unsere Stadt Leipzig in wenigen Jahren über einen bedeutsamen Universitätskomplex im Herzen der Stadt verfügen, der Ausdruck der Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten, der beispielhaften Entwicklung und Förderung der Wissenschaft darstellt, wie sie einzig und allein nur in der sozialistischen Gesellschaftsordnung möglich ist. Hierbei handelt es sich um den ersten Neubau eines zentralen Universitätskomplexes in unserer Republik.

Der Akademische Senat spricht dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzenden des Staatsrates, Genossen Walter Ulbricht, seinen Dank dafür aus, daß er durch seine wertvollen konstruktiven Vorschläge und Hinweise entscheidend dazu beigetragen hat, um die vorliegenden Pläne realisieren zu können.

Der Senat der Karl-Marx-Universität ist davon überzeugt, daß alle Untersuchungen für die endgültige Gestaltung des Karl-Marx-Platzes verantwortungsbewußt durchgeführt wurden. Die völlige Neugestaltung ist aus strukturell-funktionellen, aus städtebaulich-architektonischen und aus Raumgründen erforderlich.

Der Akademische Senat gibt dem neu zu errichtenden Universitätskomplex am Karl-Marx-Platz seine uneingeschränkte und freudige Zustimmung. Die Karl-Marx-Universität dankt der Partei der Arbeiterklasse und der Regierung für diese großzügige Förderung der Wissenschaft. Wir werden alle Angehörigen unserer Universität mit diesem großartigen Vorhaben vertraut machen und unseren Teil dazu beitragen, dieses Projekt zu verwirklichen.

Der Akademische Senat ruft die Wissenschaftler, Studenten, Arbeiter und Angestellten der Karl-Marx-Universität auf, unter der Losung „Mach mit für Dein Leipzig, das Dir am Herzen liegt“, alle Kräfte für den weiteren Aufbau des Stadtzentrums einzusetzen.

An unsere Studenten ergeht der Ruf, im 11. Leipziger Studentensommer tatkräftig am Aufbau unserer Stadt mitzuwirken und gemeinsam mit der Arbeiterjugend hohe, eines sozialistischen Studenten würdige Leistungen zu vollbringen.

Prof. Dr. Ernst Werner

Rektor

Stellungnahme des Senats

Der Akademische Senat der Universität Leipzig hat auf seiner Sitzung vom 24. Juni nach intensiver Diskussion folgende Stellungnahme zum 40. Jahrestag der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli und zur öffentlichen Diskussion über den Universitätsneubau am Augustusplatz einstimmig verabschiedet.

Aus Anlass des 40. Jahrestages der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli bekräftigt der Akademische Senat der Universität Leipzig sein wiederholt geäußertes Bedauern, dass im Mai 1968 nur wenige Mitglieder der Universität dem Druck des diktatorischen Regimes widerstanden. Die Sprengung der Universitätskirche und des Augusteums hat der Universität einen schmerzlichen und nachwirkenden Verlust zu gefügt. Der Senat würdigt zugleich den Mut derjenigen aus Universität und Bürgerschaft, die öffentlich der Sprengung entgegentraten und dafür einen hohen Preis zahlen mussten; er spricht den Opfern der Diktatur seine Anteilnahme aus.

Der Akademische Senat verwahrt sich gegen den Ton und die Schärfe der öffentlichen Diskussion über den Universitätsneubau am Augustusplatz. Er weist alle Versuche zurück, die in unsachlicher Weise darauf abzielen, im Widerspruch zu den Beschlüssen der akademischen und studentischen Gremien Einfluss auf die architektonische Gestaltung des Baus, dessen Nutzung und Namensgebung zu nehmen.

Der Senat sieht mit Zuversicht der Vollendung des Neubaus im Jahre 2009 entgegen. Das auf dem Grundstück der Paulinerkirche entstehende Gebäude vereint die Aula und den gottesdienstlich zu nutzenden Teil unter einem Dach und zeichnet sich durch gotisierte Elemente, Säulen und ein Netzgewölbe aus. Dies alles hält die Erinnerung an die gesprengte Universitätskirche wach. Wie seit jeher umfasst das neue Gebäude auch Räume für universitäre Forschung und akademische Lehre; so wird am Augustusplatz wieder die Fakultät für Mathematik und Informatik untergebracht und von dort eine unmittelbare Verbindung zum Neubau der Wirtschaftwissenschaftlichen Fakultät in der Grimmaischen Straße hergestellt.

Rektor

Prof. Dr. Franz Häuser

Zur Analyse und Auswertung der Stellungnahme des Akademischen Senats der Universität Leipzig zum 40. Jahrestag der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli

Die Stellungnahme des Akademischen Senats der Universität Leipzig vom 24. Juni 2008 bedarf aufgrund zahlreicher Fragwürdigkeiten und Unkorrektheiten genauerer Betrachtung. Dies sei anhand des Textes in seiner Abfolge formuliert.

1. Der Senat bekräftigt sein wiederholt geäußertes Bedauern.

Es werden keinerlei nachvollziehbare konkrete Bezüge genannt, welches Bedauern bisher geäußert wurde und auf welchen Sachgrundlagen dies erfolgte.

2. Nur wenige Mitglieder der Universität widerstanden dem Druck des diktatorischen Regimes.

Diese Formulierung entstellt in mehrfacher Hinsicht die Tatsachen. Richtig ist, daß die Universität nicht nur aktiver Teil des „diktatorischen Regimes“ war, sondern daß sie selbst die Vernichtung von Kultur- und Wissenschaftswerten, die Zerstörung von Universitätsbauten und die Fledderung von Universitätseigentum betrieb. Die „Karl-Marx-Universität“ fungierte als ideologischer Vorreiter und „Speerspitze“ für den Sieg des Sozialismus – Kommunismus. Dies kann in zahlreichen Publikationen aus dieser Zeit nachgelesen werden. Als Beispiel sei auf die Ansprache des NSDAP- und SED- Mitgliedes sowie Rektors der Karl-Marx-Universität Leipzig, Prof. Dr. sc. Dr. h. c. Lothar Rathmann auf dem Akademischen Festakt aus Anlaß des

575. Jahrestages der Gründung der Alma mater Lipsiensis am 2. Dezember 1984 verwiesen: http://www.paulinerkirche.org/archiv/ethik/k3/rath1984.html

Wo ist aber die Aufarbeitung und wissenschaftliche Analyse des Geschehens vor 40 Jahren?

Wer waren und sind die Verantwortlichen und Profiteure des Geschehens? Wo sind die Akten der SED-Kreisleitung der Karl-Marx-Universität? Wo sind die Akten der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR? Nachdem sich bisher nur ein einziger von 25000 Angehörigen (Diplomlehrer für Marxismus-Leninismus, Volker Külow, der inzwischen zum „Philosophen“ erwuchs und für die Linkspartei im Sächsischen Landtag sitzt), die Prof. Lothar Rathmann im Jahre 1984 nannte, zu seiner Zugehörigkeit zur Wissenschaftsspionage bekannte, kann an der Universität Leipzig von einer Demokratisierung nicht die Rede sein. So lange wissenschaftliche Spitzeltätigkeit bzw. Tätigkeit für die DDR-Auslandsspionage sowie andere geheimdienstliche Verstrickungen nicht aufgeklärt sind und weiter das Handeln von Mitarbeitern bestimmen, sind Grundsätze und Verfahrensregeln für wissenschaftliches Verhalten nicht gewährleistet.

Es stellt sich natürlich sich die Frage, wer denn von den widerstehenden Mitgliedern heute überhaupt noch an der Universität Leipzig wirkt bzw. einbezogen wird. Mit der Formulierung „des diktatorischen Regimes“ anonymisiert der Senat zudem die Täter der zweiten deutschen Diktatur.

3. Der Senat würdigt den Mut.

Da bisher keine unabhängige, notwendig ausführliche Aufarbeitung vorgenommen wurde, welche Verbrechen im Zusammenhang mit den Geschehnissen im Jahre 1968 geschahen, existieren auch keine entsprechenden Aussagen hinsichtlich der Opfer und der Art und des Umfangs der Schädigungen.

Wenn der Senat seine Wertbeschreibung formuliert, „einen hohen Preis zahlen“ und „spricht den Opfern der Diktatur seine Anteilnahme aus“, unterstreicht er seine anonymisierende wie unglaubwürdige Haltung, da ohne genaue Kenntnis wohl auch keine gebührende Anteilnahme möglich ist.

4. Der Akademische Senat verwahrt sich gegen alle Versuche in unsachlicher Weise.

Damit steht die Gegenfrage im Raum: Was ist mit den sachlichen Hinweisen, Kritiken, Empfehlungen, Forderungen, Dokumentationen, Bitten und Wünschen?

Warum wurden und werden diese von der Universitätsleitung seit Jahren unterschlagen, ignoriert und unterdrückt? Wie kann es sein, daß der Rektor, Prof. Dr. Franz Häuser, entgegen der Universitätsverfassung, seine Verpflichtung, demokratisches Denken und Handeln sowie die Achtung vor Andersdenkenden zu fördern, seit Jahren fortgesetzt bricht?

Wie kann es sein, daß entgegen dem Versprechen des ehemaligen Rektors, Prof. Dr. Volker Bigl, die Kritikpunkte der Leipziger Bürger zu beherzigen, diese völlig unterschlagen werden?

Was liegt eigentlich beim Rektor der Universität Leipzig, Herrn Prof. Dr. Franz Häuser, an Beschwerden, Eingaben, Kritiken, Briefen, Dokumentationen etc. vor?

Wieviel davon ist unsachlich, wieviel davon ist berechtigt angebracht?

Warum ignoriert der Rektor der Universität Leipzig, Herr Prof. Franz Häuser, entgegen der Verfassung des Freistaates Sachsen die Bau-, Geistes- und Kulturgeschichte der Universität Leipzig und beugt damit die Freiheit von Lehre und Forschung?

5. Zuversicht der Vollendung des Neubaus im Jahre 2009

Die Zuversicht des Senats deckt sich eigentümlich in der Machart der Vorgänger mit ihrer Willenserklärung vom 17.5.1968: „Der Akademische Senat gibt dem neu zu errichtenden Universitätskomplex am Karl-Marx-Platz seine uneingeschränkte und freudige Zustimmung.“ Während es damals noch eine Enthaltung von Prof. Ernst-Heinz Amberg gab, erfolgte die Stellungnahme des Senats vom 24.6.2008 einstimmig.

Zu den gescheiterten sozialistischen Neubauten wird fälschend direkt Bezug genommen, indem auf dem Gelände der Paulinerkirche „seit jeher“ und „wieder“ die Fakultät für Mathematik und Informatik untergebracht werden soll.

6. Auszeichnend

Was für den Senat Priorität hat, bekennt er, indem für ihn „gotisierte Elemente, Säulen und ein Netzgewölbe“ auszeichnend sind. Die Krönung bedeutet für den Akademischen Senat der Universität Leipzig des Jahres 2008 die Erinnerung des Wachhaltens an die „gesprengte Universitätskirche“. Dies ist insofern ein Fortschritt, da bisher die Sprengung zelebriert wurde, aber es ist natürlich nicht genug, um die Wunden der Universität Leipzig zu heilen.

Es muß noch einmal ganz deutlich herausgestellt werden, daß bis heute Grundlegendes fehlt:

Nichts von Schuld an Kulturverbrechen, die es aufzuarbeiten gilt

Nichts von der Geschichte der über 750-jährigen Kirche

Nichts von der Weihe der ersten akademischen Universitätskirche Deutschlands 1545 durch Martin Luther

Nichts von den Predigten über die Jahrhunderte bis zu Martin Niemöller zum Kirchentag 1954 und Pater Gordian

Nichts von Johann Sebastian Bach, Johann Adam Hiller, Johann Gottfried Schicht, Felix Mendelssohn Bartholdy, Max Reger

Nichts von den Akademischen Disputationen und Rektoratswechseln

Nichts von Goethe, Gottsched, Lessing,

Nichts von Johann Tetzel, dessen sterbliche Überreste an der Paulinerkirche lagen

Nichts von der Etzoldschen Sandgrube

Nichts von generalstabsmäßig organisierter Raubgrabung 1968

Nichts von den 800 anonym verscharrten Persönlichkeiten

Nichts von damit im Zusammenhang stehenden Verbrechen

Nichts von verschwundenem Kulturgut der Universität Leipzig

Nicht der Verpflichtung an unverwechselbare und herausragende Traditionen wird hier nachgekommen, sondern nur das kriminellste Ereignis der Universitätsgeschichte im Jahre 1968 wird hervorgehoben, das immer noch weitgehend unaufgeklärt ist.

Statt auf die Einmaligkeit der hohen Baukultur, Architektur und Bautradition von Augusteum, Albertinum, Paulinerkirche mit Kreuzgang und auf weitere Universitätsbauten einzugehen, verkümmert der geistige Horizont auf formale „gotisierte Elemente, Säulen und ein Netzgewölbe“.

Zusammenfassend:

Die Stellungnahme beinhaltet im wesentlichen sachlich klitternde und geschichtsfälschende Aussagen und Allgemeinsätze, die Grundsätzen der Wissenschaft als systematischem und methodischem Prozeß des Erforschens und Erklärens von Natur und Kultur widersprechen.

Damit stehen alle beteiligten Dekane, Hochschullehrer und wissenschaftlichen Mitarbeiter für wissenschaftliches Fehlverhalten einzeln in Verantwortung.

In besonderer Weise ergibt sich für jene Dekane und Hochschullehrer eine schwerwiegende Schuld, wenn sie gemäß der Verfassung der Universität Leipzig der Besinnung auf ihre jahrhundertealten wissenschaftlichen Traditionen, ihre Fachvertreter bzw. ihre wissenschaftlichen Vorfahren, ihre Bau-, Geistes- und Kulturgeschichte in eigentlich zuständigen Fachgebieten nicht nachkamen, die Freiheit von Forschung und Lehre beugten und den Studentinnen und Studenten das Wissen um die herausragenden wissenschaftlichen Verpflichtungen und Maßstäbe der Universität Leipzig vorenthielten.


Wieland Zumpe

Philipp-Rosenthal-Straße 21

04103 Leipzig

Herrn Prof. Dr. Gerhard Heyer

Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik

Universität Leipzig

04109 Leipzig

Leipzig, den 7. August 2008

Sehr geehrter Herr Professor Heyer,

als Mitglied des Akademischen Senats der Universität Leipzig verabschiedeten Sie mit Ihrem Namen persönlich als Dekan eine Stellungnahme zum 40. Jahrestag der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli und zur öffentlichen Diskussion über den Universitätsneubau am Augustusplatz. Da Sie dabei die unsachliche Weise der Einflußnahme beklagen, möchte ich Ihnen die damit in Verbindung stehenden Sachverhalte kurz erläutern.

Da Rektor Prof. Franz Häuser in einer Veranstaltung am 10.01.2008 sagte, daß die Professoren größtenteils Desinteresse zeigen bzw. zu DDR-Zeiten nicht hier gelebt haben, halte ich dies für dringend geboten, weil Sie gemäß Universitätsverfassung im Fakultätsrat auskunftspflichtig sind, wozu auch hier folgende Grundsatzfragen im wissenschaftlichen Selbstverständnis gehören.

Zu den Sachverhalten:

1. Die Dimension

Die gezielte und generalstabsmäßig über Jahre vorbereitete Zerstörung der intakten 700-jährigen Leipziger Universitätskirche St. Pauli und weiterer Universitätsbauten im Jahre 1968 und die damit verbundene, mutwillige Vernichtung bürgerlicher Werte samt der Vertreibung und Verfolgung von Wissenschaftlern stellt das größte, unaufgeklärte Wissenschafts- und Kulturverbrechen in Europa nach dem II. Weltkrieg dar. Es ist zugleich das größte Verbrechen in der Geschichte der bald 600 Jahre bestehenden Universität Leipzig.

Was bis heute verschwiegen wird, aber nicht auf Dauer verschwiegen werden kann, ist die Tatsache, daß es die damaligen Leitungen der Universität Leipzig (KMU) waren, die über ein Jahrzehnt vehement die Vernichtung der Universitätskirche St. Pauli sowie des Augusteums verlangten, bis das SED-Politbüro Anfang Mai den entsprechenden Vernichtungsbeschluß faßte, der vom damaligen Akademischen Senat der Universität Leipzig in seiner „Willenserklärung“ vom 17. Mai 1968 entsprechend „gefeiert“ wurde (siehe Anhang). Der Umstand, daß nach 1989 bis heute von keiner der Leipziger Universitätsleitungen eine offizielle Distanzierung von diesem Senatsbeschluß vom 17. Mai 1968 erfolgte, soll und darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Bis heute hat sich die Universität Leipzig nicht zu ihrer Schuld bekannt.

2. Vorsätzliche Zerstörung, Diktatur und Vertreibung

Die Zerstörung der intakten 700-jährigen Paulinerkirche sowie weiterer Universitätsbauten wurde seitens der Universitätsgremien wie der Universitätsleitung, dem Akademischen Senat und der SED-Kreisleitung der Karl-Marx-Universität aktiv und planmäßig betrieben.

Dies betrifft nicht nur eine allgemeine kulturvandalistische Einstellung bzw. die Haltung eines „wissenschaftlichen“ Mobs zur damals über 550-jährigen Geschichte der Universität Leipzig, sondern auch die Organisation von Schandtaten. Schließlich verschwanden zielgerichtet und systematisch Dokumente, die mit der Leipziger Universitätskirche St. Pauli zu tun hatten. Das betrifft nicht nur Pläne, allgemeine Dokumente und Literatur, sondern insbesondere auch die Nachweise über Grablegungen.

So fand ich nach den ersten Recherchen in Stepners Inscriptiones Lipsiensis (1675) und Vogels Annales (1714) Belege nicht etwa an der Universität Leipzig, sondern 180 weitere Fundstellen für Leichenpredigten sowie Grablegungen in der Leipziger Paulinerkirche an der Universitätsbibliothek Erfurt. Selbst Tondokumente aus der Paulinerkirche verschwanden aus Archiven.

Aber damit nicht genug. Während zu über 85% des öffentlich sichtbaren Inventars der Paulinerkirche geborgen wurde, erfolgte dies beim Augusteum und Albertinum nicht. Nur wenige Büsten und der Löwenaufsatz des Denkmals für die im I. Weltkrieg gefallenen Universitätsangehörigen wurden für Wert befunden, herausgeholt zu werden. Alles andere liegt, verglichen mit den Fotos, die vor der Sprengung von Augusteum, Albertinum und Johanneumsresten angefertigt wurden, in der Etzoldschen Sandgrube. Dazu zählen auch die Kellerinventare, die einfach abgebaggert wurden und worunter sich nach Zeugenaussagen nicht nur Teile der Antikensammlung, sondern auch Bronzetafeln und eine historische Kutsche befanden. Die Inventaraufstellungen fehlen bis heute.

Das heißt, nicht einem einzelnen Mitarbeiter kann hier vielleicht Fehlverhalten zugeschrieben werden, sondern hier handelt es sich um organisiertes kriminelles Vorgehen innerhalb der Universität Leipzig, was bislang der Aufklärung harrt.

Ein weiteres, sich anschließendes Kapitel ist die Organisation von Desinformation und Repressalien, wo Agitation und Propaganda nicht ausreichten. Schließlich mußten Studentinnen und Studenten davon abgehalten werden, ggf. kritisch nachzufragen oder zu demonstrieren.

Auch dieses Kapitel ist nicht aufgearbeitet, einschließlich der Organisation für den 30. Mai 1968 mit allen Verfügungen und Durchführungsmaßnahmen von Mitarbeitern und Studenten, die die Studentinnen und Studenten für den Zeitraum der Sprengung mit schriftlichen Arbeiten beschäftigten und dabei die Türen abschlossen. Einige dieser Türsteher haben an der Universität Karriere gemacht und befinden sich unter Ihren Kollegen.

Letztendlich fehlt nicht nur eine Aufstellung der Täter, die mit dem schwersten Kultur- und Wissenschaftsverbrechen in der Geschichte der bald 600-jährigen Universität gleichzeitig ihre Karriere in der zweiten deutschen Diktatur eröffneten und sicherten, gleich ob in der SED, in einer Blockpartei, im Ministerium für Staatssicherheit der DDR oder in einem befreundeten Geheimdienst.

Es fehlt die Aufstellung der Opfer, die nicht in die „sozialistische Menschengemeinschaft“ paßten und aufgrund dieser Geschichte und der Vorreiterrolle der Karl-Marx-Universität Leipzig für den Sieg der Sozialismus-Kommunismus inhaftiert bzw. ihrer Berufsperspektive beraubt wurden, von der Karl-Marx-Universität im Rahmen politischer Hysterie fristlos entlassen wurden oder ihre Heimat ganz verlassen mußten.

3. Tabuthema bis 1989 und darüber hinaus

Das Thema Paulinerkirche war bis zum Herbst 1989 völlig tabu. Zwar gab es innerhalb der SED und ihrer Blockparteien in den späten 1980er Jahren, insbesondere nach dem Wiederaufbau der Semperoper einen Sinneswandel, daß wohl damals einiges auch nach DDR-Gesetzen nicht rechtens war, aber im Universitätsalltag konnte die Thematisierung der Vorgänge von 1968 jederzeit dienstrechtliche Konsequenzen haben. In meinem Studium der Kulturwissenschaften an der Karl- Marx-Universität mit der Nebenrichtung Kunstwissenschaften in den Jahren 1977-1982 war die Paulinerkirche nicht einmal Gegenstand von Vorlesungen oder Seminaren. Sie fand keine Erwähnung.

D. h., die Universitätsgeschichte wurde zu großen Teilen ausgeblendet und nur zensiert zugelassen. Das bedeutet, daß nach dem tausendjährigen Reich, das 12 Jahre andauerte, mit der zweiten deutschen Diktatur über 40 weitere Jahre an Deformationen vorlagen als Vorgabe für die „Wende“. Und diese Wissenslücken sind bis heute nicht geschlossen.

4. Fehlende Aufarbeitung und Demokratisierung

Bei den notwendigen Abwicklungen an der ehemaligen Karl-Marx-Universität ab 1990, insbesondere der nachweislich gescheiterten wasserköpfigen Apparate der Sektion Marxismus-Leninismus in all seinen Teilbereichen und den Ablegern in jedem Wissenschaftsgebiet, sowie beim Abbau von Stellen wurden zwar inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR weitgehend entfernt, aber leider traf das nur einen Teil der Kaderchargen der Wissenschaftsspitzel, zumal in einigen Bereichen – wie in den Wirtschaftswissenschaften – nicht in gleicher Weise geprüft wurde.

Plausibles Ziel belasteter Kader war es an erster Stelle, Personalkommissionen selbst mit der eigenen Klientel zu besetzen, möglichst schnell eigener Akten habhaft zu werden und diese zu „bereinigen“.

D. h., hier ging es möglichst wieder darum, zumindest mehrheitlich „unter sich“ zu bleiben, demokratisch gesinnte, kritisch denkende Köpfe herauszudrängen und beim Auffliegen von Spitzeln und deren plötzlicher Abberufung möglichst wieder eigene Nachrücker einzuführen. Somit wird verständlich, daß mit der damit verbundenen Skrupellosigkeit auch fachlich herausragende Kader geopfert wurden, falls sie nicht entsprechend involviert waren. Sicherlich ist dieses Kapitel einmal einer gründlichen Rückschau wert, insbesondere damit die bereits erfolgten Legendierungen einer unabhängigen, kritisch sachlichen Bestandsaufnahme weichen.

Denn die Erklärungsbögen zum Arbeitsvertrag an der Universität Leipzig als einen möglichen Kündigungsgrund hatten bezeichnenderweise nur die Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit im Blick. Die späteren Prüfungen an anderen sächsischen Hochschulen, z. B. nach B-Kadern bzw. weiteren Altlasten galten demnach nicht. Ebenso wurde nicht nach den sicherlich reichlich tätigen Spitzel des KGB gefragt und den Kadern befreundeter Geheimdienste wie der Securitate und weiterer osteuropäischer Schnüffelorganisationen.

Da zudem bereits Anfang 1990 die Aktenvernichtungsaktionen der Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR liefen, war auch hier der Startschuß für die entsprechenden, reichlich vorhandenen Kader gegeben, die ihre Motivation und ihr „Auskundschaften“ in die Bespitzelung von Wissenschaftlern der „nichtsozialistischen Welt“ legten, ihre Tätigkeit zu leugnen und darauf zu verweisen, daß dies nur anhand von Akten nachweisbar sein kann. Leipzig galt mit der Messe als Ost-West-Drehkreuz und damit die Karl-Marx-Universität Leipzig als Vorreiter zum Sieg des Sozialismus-Kommunismus mit dem Hauptschwerpunkt der Spionage einschließlich der Wissenschaftsspionage. In Leipzig wurden rund 200 Tonnen verkollerter Akten registriert.

Wenn Sie bedenken, daß der letzte vergatterte Kader der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR erst am 24. Mai 2038 sein Rentenalter erreicht hat, können Sie ermessen, daß der Mangel an Aufarbeitung und Demokratisierung substantiell ist, so lange die Universität Leipzig zu keiner Aufarbeitung und Selbstreinigung fähig ist.

Hinzu kommen noch weitere Kader, die in den Diensten der Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in der damaligen Bundesrepublik oder in anderen osteuropäischen Spitzeldiensten standen. Leipzig war bereits zu DDR-Zeiten ein Rückzugsort, wo bereitwillig aufgeflogene „Kundschafter der unsichtbaren Front“ an der Karl-Marx-Universität aufgenommen wurden. Diese verdeckte Tätigkeit ist nach 1989 intensiviert worden - „Aus Tradition Grenzen überschreiten“. Nur der HV A-Kader Dr. Volker Külow ließ im Jahre 2004 als einziger bisher seine Zugehörigkeit verlauten, ohne allerdings die inzwischen nachgewiesenen unappetitlichen Schnüffeltätigkeiten oder schuldhaftes Verhalten zuzugeben. Das Prinzip dieser Kader lautet weiter, nur so viel zuzugeben, wie bereits schon bekannt ist oder dies den „Westpartnern“ als „natürlich“ erscheint.

Zu diesen, wissenschaftsethisch nicht vertretbaren Kadern gesellen sich die weiterhin führenden SED-Kader in der Universität, insbesondere in der Universitätsverwaltung. Denn SED- und noch weniger Blockparteienmitgliedschaft waren nach 1989 kein Kündigungsgrund. Hier wurden nur die „strammen Genossen“ umgesetzt, z. B. von den Naturwissenschaften in die Verwaltung – wie von der Mathematik zur Verwaltung Herr Dr. Ralf Schulze.

Unter all diesen Vorzeichen fehlender Aufarbeitung, Legendierung, Leugnung, Fälschung, Desinformation etc. wird verständlich, daß unter den Augen eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates und der inzwischen formal eingerichteten Organe der Universität Leipzig eine grundlegende Demokratisierung in der Universität Leipzig weiterhin aussteht.

Dies schließt auch die letzten Rektoren Prof. Dr. Cornelius Weiss (studierte in Minsk und Rostow am Don Chemie) und Prof. Dr. Volker Bigl (studierte in Bukarest Medizin) ein, deren Akten aus der Sowjetunion bzw. der Volksrepublik Rumänien wohl kaum in Betracht gezogen wurden. Die folglich auftretenden Defizite (Prof. Weiss sprach in Hinblick auf den Wiederaufbau der Universitätskirche von „Zwangschristianisierung“ und „einer Milliarde DM Kosten“, Prof. Bigl agierte mit dem Begriff „Disney-Land“) stellen einen krassen, aber charakteristischen Beleg für fehlende Sorgfalts- und Informationspflichten dar.

Deutlich wird dies u. a. an den Planungen im Wiederbebauungsgebiet zwischen Universitätsstraße und Augustusplatz, die wissenschaftliche Verantwortung unterdrücken und keinerlei universitäres Niveau für sich in Anspruch nehmen können.

5. Universitätsschädigende Planungen – Augustusplatz und die Folgen

Im Volksmund wird das, was sich gegenwärtig in einem der geschichtsträchtigsten wie wertvollsten innerstädtischen Gebiete Deutschlands vollzieht, als „Verbrechercampus“ bezeichnet, weil lückenlos auf SED-Verbrechen aufgebaut wird und sogar noch schlimmer als der Architekt Henselmann, der um einen Innenhof herum eine sozialistische Universität vorsah, bedenkenlos diese historischen Orte mit öffentlichen Geldern zugekippt werden. Statt der Universitätsstraße wieder ein innerstädtisches Flair zurückzugeben und sie mit den typischen innerstädtischen Querverbindungen wiederzubeleben, werden Teile der funktionsuntüchtigen DDR-Bebauungen mit dem niveau- und fensterlosen Hörsaalgebäude und dem „Seminargebäudeknastbau“ saniert.

Statt die unverwechselbare Bau-, Kultur- und Geistesgeschichte des Paulinums, des Beguinenhauses und des Goldenen Bären wieder aufzunehmen und den Bezug zum gegenüberliegenden ehemaligen Gewandhaus herzustellen, werden Steuergelder in die Tristesse und auswechselbare Uniformiertheit gescheiterter Neubauten gepumpt.

Statt eines der frühesten, wertvollsten und attraktivsten Universitätsgebäude, das Fürstenhaus, das im Krieg zerstört wurde, archäologisch freizulegen und in der Bebauung daran anzuknüpfen, ließ man die Zerstörung von Bodendenkmalen im Jahre 2007 gewähren und erhält nun dafür eine nagelneue überdimensionierte Schrottimmobilie, die das Leipziger Stadtzentrum weiter verschandelt und die auswechselbar auch in jedem x-beliebigen Gewerbegebiet stehen könnte. Die Grimmaische Straße wird damit zur Anonymität einer gesichtslosen Stadt entstellt.

Statt sich der einmaligen verpflichtenden Geschichte der 750-jährigen Paulinerkirche, des Dominikanerklosters und weiterer geschichtsträchtiger Beziehungen zu stellen, wird im beginnenden 21. Jahrhundert im Stile der Taliban und im Folgegehorsam der SED-Verbrechen agiert.

Parallel zu den Immobiliengeschäften von Prof. Georg Milbradt u. a. mit dem „Tausch“ des Hochhauses der Karl-Marx-Universität Leipzig, wo die SED mit der ehemaligen DDR- Finanzministerin Uta Nickel ihre Hand im Spiel hatte und wo es bis heute auch unaufgeklärte Todesfälle in diesem Zusammenhang gibt, folgte auch die Leipziger Universitätsleitung mit intransparenten Bauplanungen und Immobiliengeschäften zum langfristigen Nachteil der Universität.

Während Prorektor Prof. Papp am 31.01.2003 verkündete: „Durch den Wiederaufbau der Paulinerkirche wird eine Zerstückelung des innerstädtischen Campus herbeigeführt, was zu weiteren Wegen für Studenten und Dozenten führt. Außerdem wird die Zahl der vorhandenen Flächen für Lehre und Forschung durch den Wiederaufbau drastisch reduziert.“, zeichnet sich unter den von Prof. Volker Bigl geschlossenen, auf 99 Jahre angelegten Pachtverträgen eben das Gegenteil ab. Zur Niveau- und Gesichtslosigkeit tritt eine vermanschte Tristesse in den neuen Universitätsbauten ein, die beim Petersbogen ihren Anfang nahm und mit einem Drogeriemarkt in der Grimmaischen Straße eskaliert. Die Studierenden und Lehrenden können sich künftig mit unattraktiven Räumen in oberen Etagen begnügen und täglich zusätzliche Wege in Kauf nehmen.

Auch wenn dies die ehemaligen Kader der Sektion Marxismus-Leninismus und Journalismus der Karl-Marx-Universität in der LVZ, in Dresdner Staatsministerien und an anderen, bestehenden Einflußsphären noch vehement schönen und hübschen werden, wird dies nichts an den Realitäten ändern.

Kernpunkt des historisch zu nennenden Versagens ist die Fälschung und Klitterung der Universitätsgeschichte, die seit den Bauplanungen um Rektor Prof. Volker Bigl u. a. mit dem SED-Umfeld vom DDR-Professor für Sozialistischen Städtebau, Thomas Topfstedt, bis zur Universitätsverwaltung mit Dr. Ralf Schulze dafür sorgte, demokratische Bestrebungen, die Einbeziehung der wertvollen Bau- Geistes- und Kulturgeschichte am städtebaulich wertvollsten und geschichtsträchtigsten Ort der Universität Leipzig und eine Aufarbeitung der SED-Mißplanungen zu unterbinden. Da ich mich auch an eigentlich Zuständige wandte, muß ich konstatieren, daß sich die in entsprechenden Kommissionen sitzenden ehemaligen Kader wie Prof. Michel (Physik) und Prof. Wartenberg (Theologie) sichtlich nicht gemäß der Informations- und Sorgfaltspflichten um die Thematik bemühten.

Gleiches gilt für die Weiterführung durch den Rektor Prof. Franz Häuser, der u. a. auch auf meine Schreiben in den zurückliegenden Jahren nie antwortete. Vielleicht ist es für einen Rektor, der sich von nicht einmal mit 39% des Konzils wählen läßt und bereits die Eingangsworte der Verfassung der Universität mit Füßen tritt, auch unüblich, ein demokratisches Selbstverständnis zu entwickeln, indem er auf Fragen, Probleme, Hinweise, Vorschläge und Kritiken eingeht. Aber hier geht es nicht nur um das Klammern an ein Amt. Hier wurden und werden willkürliche Entscheidungen getroffen, die die Universität Leipzig immer mehr in Verruf bringen.

Wenn Herr Prof. Franz Häuser Leipziger Kirchenvertretern schrieb: „Ich weilte am letzten Sonntag zu Besuch in der Hebräischen Universität in Jerusalem, zu dessen Gründungsvätern und segensreichen Förderern der von Ihnen zitierte Albert Einstein gehörte. Eine Synagoge habe ich auf dem Campus nicht gesehen.“, so ist höchst beachtenswert, mit welcher Ignoranz der Rektor die weltberühmte Hadassah-Synagoge auf dem Campus Givat Ram der Hebräischen Universität Jerusalem mißachtet und nicht etwa folgerichtig zurücktritt, sondern die Schlußfolgerungen seiner Unkenntnis noch unter den Augen der Dekane auf die Universität Leipzig übertragen kann.

Denn von der fälschlichen Verwendung gesetzter Begriffe wie mit dem „Paulinum“ (die ehemalige Schlafstätte der Mönche) bis zur eigentlich von Anfang jeder Seriosität ermangelnden Planung laufen auf diesem Niveau willkürliche Entscheidungen ab, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind und folglich nicht nur von Leipziger Bürgern, Nobelpreisträgern und zunehmend der wissenschaftlichen Welt Widerstand fordern. Die großmundig angesetzten Ambitionen von Prof. Franz Häuser zur Spitzenuniversität verkümmern zur im Volksmund genannten „Spitzeluniversität“.

Eine Universitätsleitung des Nichtwissenwollens, die Geschichte verleugnet und statt Aufarbeitung und Wiedergutmachung den alternativlosen Wiederaufbau ihrer Universitätskirche verweigert und stattdessen eine auswechselbare, überdimensionierte Turnhalle aus Beton mit formalem Schnickschnack und Anleihen an die ehemals im Nationalsozialismus vorgesehene Umgestaltung der Paulinerkirche nach den Plänen von Lossow (1936/1937) durchdrückt, hat keine Zukunft.

Auf die vielen Absurditäten und den weitern Planungsmüll einzugehen, erspare ich mir an dieser Stelle. Dies können Sie in den angegebenen Links (u. a. zur Transparenz) ausgiebig selbst und unabhängig von mir prüfen.

Das einzige, was der Stellungnahme des Akademischen Senats „positiv“ zu entnehmen ist, besteht mit dem „Wachhalten“ darin, daß man sich bereits vor dem Abschluß des „Betonklos“ indirekt bewußt ist, daß dies früher oder später dem originalgetreuen Wiederaufbau der Leipziger Universitätskirche St. Pauli weichen muß.

Normalerweise hätte in einem demokratischen Rechtsstaat gerade bei einer Hochschuleinrichtung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Wert darauf legt, daß sie bald 600 Jahre besteht und immer höchstes internationales Niveau anstrebt, eine abgestimmte Planung bis ins kleinste Detail und bis zur Darstellung jedes künftigen Arbeitsplatzes vorliegen können und müssen. Dies hätte alles mit geringstem Aufwand realisiert werden können.

Da dies von der Universitätsleitung unter Prof. Volker Bigl und Prof. Franz Häuser nicht nur abgelehnt, sondern gezielt unterbunden wurde, trägt sie auch für die absehbaren Folgeschäden Verantwortung. Das bedeutet, daß die Wiederaufbauforderung weiter besteht, denn das im Bau befindliche „Betonklo“ wird zum weithin sichtbaren Menetekel eines Platzes, der im Volkmund nicht etwa mehr Augustusplatz genannt wird, sondern „Platz der Vereinigungskriminalität“.

6. Die Etzoldsche Sandgrube

Eine Universität, die ihre bald 600 Jahre und damit in Verbindung stehenden, noch älteren Zeitzeugen einfach als Müll beseitigen läßt und stattdessen wie 1968-1972 und 2004-2009 immer weiter immense Steuergelder beansprucht und verpraßt, ohne ihre Schuld einzugestehen, diese aufzuarbeiten und dafür zu sorgen, daß sich diese Verbrechen durch Transparenz und demokratischer Öffnung nicht wiederholen, ist zu einer „akademischen Selbstverwaltung“ nicht fähig und hat ihre Berechtigung als Hochschule eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates verloren.

Erst wenn die Universität Leipzig ethischen Grundsätzen nachkommt und die unabhängige und lückenlose Aufklärung von Verbrechen an ihr ab 1933 gewährleistet, die Exhumierung der Toten erfolgt und die Bergung des Kulturgutes aus der Etzoldschen Sandgrube in eine wissenschaftliche, kulturelle, geistige und bauliche Wiedergutmachung mündet, kann die Universität Leipzig, an ihre wissenschaftlichen Vorfahren anknüpfend, wieder in ein demokratisches, wissenschaftliches und der verpflichtenden Tradition gebührendes Gemeinwesen zurückkehren.

In der Etzoldschen Sandgrube wurden der Reihenfolge nach abgekippt: die Paulinerkirche samt Kreuzgang, das Augusteum, das Albertinum und die Reste des weitgehend kriegszerstörten Johanneums. Aber dort liegt über diesen Teilen weit mehr. Denn ab dem Sommer 1968 schaufelte man mit einem der größten in der DDR verfügbaren Bagger (zwei Baggerlöffelladungen füllten einen LKW) auch weitgehend alle Keller- und Außenbereiche ungesehen und unzerkleinert (Es durfte nichts angefaßt werden.) ab. Einiges erwähnte ich schon. Dazu kommen u. a. die Vielzahl der bunt bemalten Grüfte, die Toten und Kapellenbereiche an der Nordseite der Paulinerkirche, nicht geborgene Epitaphien, der Sarg von Johannes Tetzel sowie eine Vielzahl von Toten, die (von Zeitzeugen aufgrund ihrer Uniformen zugeordnet) als Tote der Völkerschlacht, da die Paulinerkirche zu dieser Zeit als Lazarett diente, u. a. auf der südlichen Innenhofseite der Paulinerkirche begraben waren.

Die Verbrecher der SED legten die Verbringung in die Etzoldsche Sandgrube in den 1960er Jahren so an, daß sie dachten, sie sei für die Ewigkeit und könne nie wieder geöffnet werden. Die zwischenzeitlichen Untersuchungen im Jahre 2005 ergaben allerdings, daß mit heutigen technischen Möglichkeiten die in 10-12 Meter Tiefe liegenden Teile mit einem Minimum des damaligen Aufwandes problemlos geborgen werden können. Die Geophysiker rannten zwecks Genehmigung in den Ämtern offene Türen ein, weil dieser Trümmerberg früher oder später gemäß ökologischer Anforderungen weichen muß.

Selbst die Finanzierung aus Spendenmittel ist im Verbund mit dem Wiederaufbau bereits in Erwägung gezogen wurden. Da die Bergung weltweit in den Schlagzeilen kommt, ist sie ebenso wie in Dresden mit der Frauenkirche ein „Selbstläufer“.

7. Begrabene Persönlichkeiten und Staatsverbrechen der DDR

Der Schlüssel zum Verständnis der anhaltenden Geschichtsfälschungen und Klitterungen an der Universität Leipzig erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Aus diesem Grunde möchte ich Ihnen diesen Zugang mit einer kurzen Erläuterung erleichtern.

Nachdem am Sonnabend, den 25. Mai 1968, die ersten Leichen berühmter Persönlichkeiten, die in der Paulinerkirche begraben waren, ihres Schmuckes beraubt und ihre Namensschilder abgenommen wurden, pferchte man sie in Kindersärge und nagelte diese zu. Einem beteiligten Zeugen, der fragte, wohin sie kämen, sagte man, daß man dafür einen besonderen Ort hätte.

Obgleich ein anderer Zeitzeuge unter diesen Umständen alles für möglich hielt, muß man zu bedenken geben, daß die Etzoldsche Sandgrube dafür nicht in Frage kam, da zu diesem Zeitpunkt die Kirche noch stand. Eine Verbrennung auf dem Südfriedhof war ebenso verworfen worden, nicht nur da es im Ofenbuch des Friedhofs hätte eingetragen werden müssen, sondern weil dies möglicherweise Aufsehen erregt hätte. Schließlich hatte man kein genaues Wissen, sondern nur die von Dr. Nadler geschätzte und die von der Leipziger Friedhofsverwaltung bestätigte Anzahl von 800 begrabenen Persönlichkeiten.

Angenommen, man legt besagten Ort in einigen Tagen frei und würde ihn in der kommenden Woche öffnen, so ergäbe sich ein anderes Bild als erwartet. Nicht die Kindersärge findet man dort zuerst vor, sondern größere Särge, wie einer anderen Zeugenaussage zu entnehmen war.

Direkt nach der Paulinerkirche wurde ein weiteres Bodendenkmal beraubt – die Matthäikirche, auf deren Boden gleich nach dem Neubau für die Karl-Marx-Universität Leipzig der gewaltige Neubau für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR folgte.

Um die Bedeutung auf den Punkt zu bringen: Beide Wirkungsstätten von Johann Sebastian Bach wurden generalstabsmäßig beraubt und mit funktionsuntüchtigen wie unwürdigen sozialistischen Neubauten zugepflastert.

Ohne hier den Verbringungsort preiszugeben, muß zugleich vorsorglich festgestellt werden, daß an dieser Stelle weitere Staatsverbrechen der DDR ans Tageslicht kommen werden.

Das bedeutet, bei der Verhinderung des Wiederaufbaus der Leipziger Universitätskirche St. Pauli geht es nicht nur um die Kirche, sondern um die gezielte Vertuschung von SED- bzw. Staatsverbrechen der DDR, denn mit den notwendigen, äußerst umfangreichen und langwierigen Exhumierungen werden nicht nur die Verbrechen an der Universität Leipzig sichtbar.

So haben wir es nicht allein mit Ahnungslosen zu tun, die in Unkenntnis der Sachlage der SED einfach Gefolgschaft leisten, indem sie meinen, daß alles zeitgemäß rechtens war und von der Paulinerkirche nur die Sprengung nennenswert sei. Hier geht es um gezielte, abgesprochene Planungen in ehemaligen Bereichen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR nebst befreundeter Spitzeldienste (welche sicherlich nicht nur ihre KGB-Klientel, sondern auch das Wissen zur Erpreßbarkeit aller möglichen Kader übernommen haben), der SED sowie ihren Vasallen in den Blockparteien, ihre Verbrechen weiter mit aller Macht zu vertuschen und mit der Verhinderung des Wiederaufbaus einen endgültigen Sieg zu feiern, der zugleich Signal für das Abkippen des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates nach „links“ sein soll. Das Spektrum reicht dabei in „bewährter Stasimanier“ vom Einsatz von Gesinnungstätern, der Planungssteuerung durch entsprechende Kader in Ämtern und Behörden, der gezielten Desinformation über regionale Medien, der Erneuerung von Schweigeverpflichtungen, der Steuerung erpreßbarer Kader bis hin zur Unterwanderung von Wiederaufbauinitiativen.

Hauptschwerpunkt bleiben allerdings bis zur Aufklärung der Verbrechen die Profiteure der Staatsverbrechen, insbesondere die Wissenschaftsspitzel der Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, d. h. der Auslandsspionage, gleich ob sie von Leipzig oder Berlin aus agierten oder in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland angeworben wurden.

Etwas abgekürzt bedeutet das, daß die Nutznießer der Verbrechen an der Universität Leipzig aus entsprechenden Fonds der Beute auch noch u. a. zu DDR-Zeiten ihre Bespitzelungsreisen als „Wissenschaftler“ nach Westdeutschland und in das sonstige westliche Ausland finanziert bekamen und ihnen dies noch heute, selbst wenn sie Rente genießen, vergütet wird, da eine Selbstreinigung u. a. nach den Rosenholzdateien und anderen inzwischen ermittelten Quellen aussteht und immer noch tunlichst vermieden wird.

Somit wird auch verständlich, warum Rektor Prof. Franz Häuser meinte, daß die Professoren, d. h. in diesem Falle die beiden Dekane aus Leipzig größtenteils „Desinteresse“ zeigen und Sie wie auch der Rektor vermutlich nicht über die vorliegenden Sachstände informiert haben.

Die hier vorgetragenen Sachverhalte treffen Sie als Mathematiker persönlich. Denn unter den in der Paulinerkirche Begrabenen befanden sich auch Mathematiker wie Philipp Müller, der ebenso als Rektor der Universität Leipzig tätig war.

In Gedenken an die in der Paulinerkirche Begrabenen nenne ich stellvertretend den ersten Universitätsrektor Johannes Otto von Münsterberg, Rektor Caspar Borner, Martin Luthers Sohn Dr. Paul Luther und Johann Christoph Gottsched.

An dieser Stelle sei aber auch an Rektoren wie Joachim Camerarius der Ältere, Johann Hülsemann, Joachim von Kneitlingen dun Caspar Landsidel verwiesen, die die Leipziger Universitätsleitung unter Leitung von Rektor Prof. Franz Häuser vorsätzlich unterschlägt und im „Betonklo“ den authentischen Ort der historischen Grabstätten über Jahrhunderte wirkender Amtsvorgänger als Fahrradkeller „krönt“.

Mit den vorgetragenen Sachständen, die Sie ausführlich unter den angegebenen Links erweitern können, haben Sie in kurzer Form die Grundlagen, die Ihnen für Ihre Stellungsnahme hätten vorliegen müssen. Falls Ihnen dies vorenthalten wurde, ist es an Ihnen und den Dekanen – wie Herr Prof. Franz Häuser formulierte –, die nicht zu DDR-Zeiten hier in Leipzig gelebt haben, gemäß dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, der Verfassung des Freistaates Sachsen sowie der Verfassung der Universität Leipzig und sicherlich weiterer Rechtsgrundlagen, die Ihnen besser bekannt sind, zu handeln.

Für entsprechende weitere Informationen, die interne Präsentation der Thematik und eventuelle Gespräche stehe ich gern zur Verfügung.

Dabei muß ich Sie auch darauf aufmerksam machen, daß über 200 Rektoren deutscher Hochschuleinrichtungen seit geraumer Zeit über die Zustände an der Universität Leipzig informiert sind und im Zusammenhang mit kommenden Publikationen, auch in Ihrem persönlichen Fachgebiet, Ihr Name mit der Stellungsnahme des Akademischen Senats auch international genannt und verbunden werden wird.

Insofern bitte ich Sie um Ihre persönliche Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Wieland Zumpe

Folgebau der Karl-Marx-Universität Leipzig – Neubau des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR auf dem Gelände der Matthäikirche: http://www.paulinerkirche.org/tmp/matth/bach4.htm

Auszug weiterer Beiträge, u. a. Transparenz: http://www.paulinerkirche.org/archiv/forum0.html

Erste Aufstellung ab 1999: http://www.uni-leipzig.de/~fechner/2009.htmhttp://www.paulinerkirche.org/archiv/http://www.lipsikon.de

Erste Liste der Persönlichkeiten aus dem Jahre 2006: http://www.paulinerkirche.org/graeber.htm

UNIVERSITÄT LEIPZIG

Bereich: Hochschulpolitik, Jubiläum 2009

Sachgebiet: fachübergreifend

Nummer: 2008/210

Breite Unterstützung für Kurs des Rektors - Dekane unterschreiben Resolution

Der akademische Senat der Universität Leipzig hat in seiner gestrigen Sitzung über eine Resolution beraten, die die Position der Hochschulöffentlichkeit über die Nutzung und Innengestaltung des Paulinums verdeutlicht. Fast alle Senatoren haben dem Text zugestimmt, der von Prof. Dr. Hubert Seiwert, Direktor des Religionswissenschaftlichen Institutes, verfasst worden ist.

Die Resolution im Wortlaut:

"Die in jüngster Zeit verstärkt und in zum Teil diffamierender Weise gegen die Universität Leipzig und ihren Rektor geführte Kampagne mit dem Ziel, den zentralen Neubau der Universität zur Kirche zu erklären, stößt auf unseren entschiedenen Widerspruch. Wir teilen die Meinung des akademischen Senats und des Rektorats der Universität Leipzig, dass der Neubau des Paulinums am Augustusplatz die Aula der Universität und keine Kirche sein wird. Deshalb bestärken wir den Rektor in seiner Entschlossenheit, Versuche zurückzuweisen, die Autonomie der Universität durch Intervention von außen in Frage zu stellen.

Als ihr symbolisches Zentrum repräsentiert das Paulinum die Universität als Stätte wissenschaftlichen Forschens, Lehrens und Lernens mit einer sechshundertjährigen Tradition. In seiner Architektur hält das Gebäude die Erinnerung an die Paulinerkirche wach, die in einem Akt kultureller Barbarei und ideologischen Eifers mit Zustimmung der damaligen Universitätsleitung gesprengt wurde. Diese Unterwerfung der Universität unter den Willen politischer Machthaber war Ausdruck des Verlustes ihrer Autonomie und Wissenschaftsfreiheit. Die Universität hat daraus historische Lehren gezogen und verteidigt die als Folge der friedlichen Revolution von 1989 wiedergewonnene Autonomie und Freiheit der Wissenschaft entschieden gegen Versuche der Instrumentalisierung oder ideologischen Vereinnahmung jedweder Art.

Der von einer lauten, aber durch nichts legitimierten Minderheit gestellten Forderung, das zentrale Bauwerk der Universität als Kirche zu weihen, darf die Universität nicht nachkommen. Damit würde die Bindung der Wissenschaft an eine Konfession symbolisiert. Die Forderung verkennt den privaten Charakter jedes religiösen Bekenntnisses in einer religiös und weltanschaulich pluralen Gesellschaft. Die Universität kann und darf sich nicht von der Gesellschaft isolieren, indem sie ihr symbolisches Zentrum zum Gotteshaus erklären lässt. Die aggressive Form, mit der manche Vertreter dieser Forderung Rektor Häuser diffamieren und versuchen, der Universität ihren Willen aufzuzwingen, ist Ausdruck eines ungehörigen Machtanspruchs, den wir zurückweisen."

Zur Analyse der Resolution 2008/210 und ihren bisherigen Wirkungen

Die Universität Leipzig inthronisiert eine persönliche Meinung von Herrn Prof. Hubert Seiwert für eine sogenannte „Breite Unterstützung für Kurs des Rektors“.

Dabei bezieht man sich auf die Erklärung des Senats vom 24.6.2008 und schreibt: „Dekane unterschreiben Resolution“. Diese Äußerung ist nachweislich irreführend, weil dem nur ein Teil der Dekane ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Dekanatswechsel folgten.

Nach der Senatserklärung wurden die zwölf Nicht-Leipziger Dekane bezüglich der eigentlichen Problematik individuell angeschrieben, die ihnen bisher vorenthalten wurde. Von diesen unterschrieben nur noch vier die neue Resolution, so daß wegen ethischem bzw. sogar wissenschaftlichem Fehlverhalten ausdrücklich die unterzeichnenden Professoren Karsten Fehlhaber, Annette Beck-Sickinger, Harald Marx und Gerhard Heyer genannt werden müssen.

Zur Willenserklärung von Herrn Prof. Hubert Seiwert

Inhaltlich liegt der Bekundung keinerlei adäquate fachliche Substanz und keinerlei seriöser Sachvortrag zugrunde. Daher kann auf die Analyse der Senatserklärung verwiesen werden.

Neu und beachtenswert ist allerdings, wie eine Meinung von Herrn Prof. Hubert Seiwert erhoben und ein entsprechendes Stimmungsumfeld inszeniert wird.

Die wiedergewonnene Freiheit und Autonomie wird an der Universität Leipzig dazu genutzt, Geschichtsfälschung und Geschichtsklitterung als historische Lehre anzusehen.

Nicht etwa gemäß der Präambel der Verfassung des Freistaates Sachsen zu handeln und ausgehend von den leidvollen Erfahrungen nationalsozialistischer und kommunistischer Gewaltherrschaft der Gerechtigkeit zu dienen, ist Sache des Prof. Seiwert. Sondern hier wird das größte unaufgeklärte Verbrechen an der Universität Leipzig in seinen bald 600 Jahren einfach ignoriert. Aufarbeitung, Verbrechensaufklärung, Analyse, Transparenz und demokratische Willensbildung fehlen völlig. Der Bildungsauftrag der Universität Leipzig gemäß Artikel 7 der Verfassung des Freistaates Sachsen zur Förderung des kulturellen, künstlerischen und wissenschaftlichen Schaffen wird nicht erfüllt. Stattdessen überträgt Herr Prof. Seiwert das, was ihn auszeichnet auf andere. Die Begriffe „diffamieren“, „ideologischer Eifer“, „Instrumentalisierung“, „kulturelle Barbarei“ etc. sind kennzeichnend und sprechen für sich.

Kommandoaktion „Breite Unterstützung des Rektors“

Während sich für den originalgetreuen Wiederaufbau der Leipziger Universitätskirche St. Pauli spontan, selbstbestimmt und in Kenntnis der Sache nicht nur 27 Nobelpreisträger einsetzten, sondern im Laufe der Jahre viele tausend Bürger, deren Bekenntnis in der Leipziger Universitätsleitung ungehört blieb, wurde und wird von den Apparaten der Universitätsverwaltung ausgehend ein massiver agitatorischer und propagandistischer Aufwand betrieben, um Unterzeichnungswillige zu finden, die das Pamphlet gutheißen. D. h. nicht nur Hauptamtliche füllen ihre Dienstzeit, um Universitätsangehörige u.a. zur Unterschrift zu drängen, sondern auch Freiwillige werden gesucht, um beim Einsammeln zu helfen. Dementsprechend fallen auch die Initiativen und Ergebnisse aus.

Unter den Unterzeichnern sind bezeichnenderweise nicht nur überproportional ehemalige SED-Leute und weitere DDR-Nomenklaturkader vertreten, sondern insbesondere jene mutmaßlichen Profiteure und Gesinnungstäter der ehemaligen „Karl-Marx-Universität“ Leipzig einschließlich ihrer Zöglinge und Partner, die als Perspektiv-, HV A- KGB- oder Kader anderer osteuropäischer Geheimdienste weiterhin unenttarnt auf Kosten des Staates die Freiheit von Forschung und Lehre bestimmen. Auf der Liste stehen ebenso der bisher Einzige (von 25.000 Angehörigen der „Karl-Marx-Universität“), der sich zur Tätigkeit für die Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit (Auslandsspionage) bekannt hat, Dr. Volker Külow, wie eine ganze Reihe von weiteren Kadern der jetzigen Linkspartei (Dr. Ilse Lauter – Wissenschaftlicher Kommunismus, Dr. sc. Dietmar Pellmann, Peter Wasem, Margitta Hollick, Martin Bertram, Elke Gladytz, Wolfgang Denecke etc.). Flankiert wird dies durch Kader bzw. Initiativen angefangen beim ehemals „begeisterten Pimpf“ bis zum Bauexperten sozialistischer Betriebswirtschaften, der an der abgewickelten Technischen Hochschule Leipzig 1986 mit seiner Dissertation B die Modelle für die DDR-Volkswirtschaft bis zum Jahre 2000 schuf.

Direktlinks zwecks Unterschriftsleistung finden sich unter www.linke-bueros.de genauso wie bei der „Giordano-Bruno-Stiftung – Stiftung zur Förderung des evolutionären Humanismus“. Eine andere Gruppierung, die sich um Unterstützungsunterschriften bemüht und selbst welche lieferte, ist der in Bayern angesiedelte „Bund für Geistesfreiheit“ (Motto: „Glaubst Du noch oder denkst Du schon“). Damit wird der Versuch unternommen, bundesweit Einfluß geltend zu machen und eine vermeintlich breite Unterstützung für den Kurs des Rektors Prof. Franz Häuser zu suggerieren.

Nicht wenige der Unterzeichner haben die SED-Diktatur mit ihrer Unterdrückung der Glaubens-, Gewissens- und Meinungsfreiheit gebilligt, wenn nicht gar aktiv unterstützt oder selbst gezielt betrieben. Weitere kämpfen für ihre Wissenschaftsauffassung, bei der die Geistes- und Sozialwissenschaften nur dann geduldet werden, wenn sie diesem Verständnis nützlich sind. Schließlich reihen sich noch andere in die Aktion in einem Fanatismus ein, als ob es sich bei Religion um eine Geisteskrankheit handeln würde. Bezeichnend für die Tolerierung und Aktivierung dieser Unterstützerkreise durch die gegenwärtige Leipziger Universitätsleitung ist dabei, daß sie sich ansonsten jegliche „Einflußnahme von außen“ geradezu diktatorisch verbittet.

All diese Aktionen eint, eben kein Wissen zu schaffen, Bürger und StudentInnen nicht zu bilden, zu informieren, wissenschaftliche Leistung zu verlangen, Toleranz, Fairness, Verantwortungsbereitschaft und Demokratie zu stärken, sondern einen aggressiven Mob zu ihrer Stimmungsmache zu erzeugen.

Hervorzuheben ist dabei die unverkennbar antihumanistische und antikirchliche Ausrichtung dieser Kampagne, die inzwischen eine Situation herbeigeführt hat, wie sie die Leipziger Geschichte selten erlebte und die nicht nur viele Christen in Leipzig mit großer Sorge erfüllt. Da stehen z.B. Studentenvertreter in der Leipziger Innenstadt, um vor der „Jahrtausende alten Herrschaft der Pfaffen und ihrer Schergen“ zu warnen. Der studentische Widerstand und Aktionen gegen die Sprengung der Paulinerkirche 1968 werden mit Flugblättern verhöhnt. Die Sprengung wird de facto nachträglich begrüßt. Dies korrespondiert mit der Äußerung des derzeitigen Rektors, Teile des Lehrkörpers seien der Meinung, bei den Bemühungen um die Überwindung des mit der Sprengung der Leipziger Universitätskirche St. Paul 1968 verbundenen Unrechts handele es sich um „ K l e r i k a l f a s c h i s m u s “ .

Sie darauf hinzuweisen, halte ich für meine Pflicht.

Wieland Zumpe

Leipzig, den 19. November 2008

Dieses Schreiben als PDF 204 KB