Projektbereich - Nationales Kulturgut

Zeitzeugenaufruf: Durchführung der Geheimaktion Paulinerkirche

Dies betrifft insbesondere den Zeitraum nach dem letzten Gottesdienst, am Donnerstag, den 23. Mai, Christi Himmelfahrt, bis zum Sonntag, den 26. Mai 1968

Während die Beraubung der Toten autark organisiert war (Personal in Schutzkleidung beräumte die Grüfte, spezielles Personal sammelte den Schmuck ein (siehe Zeugenaufruf Kulturgut), erfolgte die Auswahl des "Bodenpersonals" über die SED-Leiter / MfS / Kaderabteilungen regionaler Betriebe.


Auch aus diesem Grunde ist die Liste derjenigen, die die Geschehnisse direkt oder indirekt erlebten, größer, als man vielleicht annimmt. D.h. von außen können folgende Personen zu Zeugen geworden sein:

- Büropersonal / Mitarbeiter aus Leitungsbereichen der eingesetzten Betriebe
- Zuständige für die Kaderauswahl
- Kraftfahrer, die die Einsatzkräfte in Bussen transportierten
- Ärzte, die das Personal vor ihrem Einsatz und danach untersuchen mußten
- Personal, das die Unterkunft der kurzzeitig Eingesetzten betreute
- Fotografen, die die Paßbilder erstellten sowie Ausweishersteller
- Personal der Gaststätte, in denen die Einsatzkräfte gastronomisch versorgt wurden
- Organisatoren für den Ablauf, Materialbereitstellung und Koordinierung
- ggf. weiteres Personal aus dem direkten Umfeld des Universitätsgeländes

Bei jenen, die gemäß Ausweis Zutritt zum Innenraum der Paulinerkirche hatten, gibt es gemäß Einsatzplanungen zahlreiche Zeitzeugen, die den Tathergang aus verschiedenen Blickwinkeln schildern können. Das betrifft:

- verpflichtetes Wachpersonal Rat der Stadt Leipzig, Volkspolizei, Nationale Volksarmee, MfS
- weiteres Bereitschaftspersonal Volkspolizei, zuständige Abschnittsbevollmächtigte, Feuerwehr
- abgestellte Verantwortliche der Karl-Marx-Universität Leipzig und ihrer SED-Kreisleitung, Rat der Stadt Leipzig, Rat des Bezirkes Leipzig, SED-Bezirksleitung Leipzig
- Transportkräfte bzw. Kraftfahrer, die insbesondere für den Abtransport der Kindersärge zugeteilt waren.

Von zentraler Bedeutung bei den Zeugenaussagen sind die Einsatzkräfte (Bergungskräfte, Steinmetze) selbst. Da den SED-Kaderabteilungen nicht nur Freiwillige zur Verfügung standen oder willige inoffizielle Mitarbeiter des MfS, griffen sie auch auf Mitarbeiter zurück, die sie nach der damaligen Aktenlage erpressen konnten. Gerade aus dieser Personengruppe werden Zeitzeugen gesucht, die in Anbetracht ihrer damaligen Lage nicht anders handeln konnten, jedoch heute diese Situation erklären können.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Zeugen, die sich mit unterschiedlichen Begründungen in dem genannten Zeitraum ohne Spezialausweis Zutritt verschafften, sowohl von Seiten der Kirchen, der Denkmalpfleger und Teilnehmer des Internationalen Bachwettbewerbs.

Zu allen Bereichen dieses Themenkomplexes werden Zeugenaussagen gesucht.



Sämtliche Hinweise und Zeugenaussagen werden vertraulich behandelt. Veröffentlichungen erfolgen ausdrücklich nur mit Einverständnis von Zeitzeugen, Hinweisgebern bzw. Angehörigen.
Da in den zurückliegenden Jahren bereits viele Dokumente gesichtet und Zeugenaussagen unabhängig voneinander geprüft wurden, ist es zudem zwecklos, geschönte Berichte einzubringen oder falsche Fährten zu legen.
Es werden aber alle Erlebnisberichte und Objektivdarstellungen sorgfältig eingearbeitet. Wo aus der damaligen Sicht Kenntnisse fehlen und nur Vermutungen formuliert werden können, wird auch diesem selbst bei vagen (oder anonymen) Hinweisen umsichtig nachgegangen.

Damit soll bewirkt werden, daß trotz aller unterschiedlicher Blickwinkel und Erlebnisse ein umsichtiges objektives wie unabhängiges Bild entsteht, frei von ideologischem Ballast und personellen Verdächtigungen.

Kontakte/Anschrift:
Wieland Zumpe, Lärchenweg 9a 04288 Leipzig Email: bach(at)paulinerkirche.org
Dr. Manfred Wurlitzer , Dornröschenweg 11 , 04277 Leipzig


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